Kennen Sie das Lagenkletterspiel?
Oft werde ich gefragt, was man denn tun könne, dass die Schüler sicherer werden im Lagenspiel. Auch wenn die Kinder von Anfang an gewohnt sind, von der ersten Lage aus kleine „Ausflüge“ zu den Oktav-Flageoletts zu machen, ist der Beginn des Lagenspiels immer noch eine große Herausforderung. Ich leite das Spiel in den verschiedenen Lagen immer mit kleinen Musikstücken innerhalb der jeweiligen neuen Lage ein. So werden erst einmal alle Griffarten innerhalb der Lage ausprobiert. Als nächstes spielen wir Stücke über alle Saiten in einer Tonart, aber immer noch innerhalb einer Lage. Erst wenn das Spiel innerhalb der jeweiligen Lage gut gemeistert wird, kommen die Lagenwechsel dazu. Um das Lagenspiel aber über das ganze Griffbrett regelmäßig und in einer effektiven Weise zu trainieren, arbeite ich mit dem Lagenkletterspiel.
Lagenkletterspiel
Das Lagenkletterspiel ist eine Übung, bei der alle Finger innerhalb einer Lage in einer bestimmten Reihenfolge abgespielt werden. Man klettert dabei Lage um Lage über das ganze Griffbrett hinauf. Wichtig dabei ist, in einer Tonart zu bleiben. Man muss also genau wissen, welche Töne man spielt, und wo die Halbtonschritte zu greifen sind. Die Noten dazu finden Sie in der Violinschule Fiedel-Max, und zwar in Band 5. Alternativ können Sie auch hier eine einfache Vorlage ausdrucken. Es empfiehlt sich, diese für jede Tonart extra zu verfielfältigen.
Vorbereitung
Zuerst wird eine Tonart bestimmt. Meist beginne ich mit C-Dur, also ohne Vorzeichen. Jetzt bestimmen Sie als Lehrer, über wie viele Lagen als erstes „geklettert“ wird. Ich beginne bei meinen Schülern meistens mit Lage eins bis drei oder vier. Später kann dann alle zwei Wochen eine Lage höher geklettert werden, je nachdem, wie „sicher“ sich die Schüler bereits auf dem Griffbrett bewegen.
Notennamen, Halbtonschritte, Resonanztöne
Nun soll der Schüler die Notennamen unter die Noten schreiben. Im nächsten Schritt darf er die Halbtonschritte einzeichnen. Dann werden die Resonanztöne „eingeringelt“. Die Resonanztöne sind die „Orientierungstöne“. Durch ihren strahlenden Klang erkennt man sofort, ob die Intonation stimmt. Deshalb sind sie so wichtig, und deshalb lasse ich sie auch „markieren“. Wie das z. B. auf der A-Saite aussieht, sehen sie hier:
Vorgehensweise
Jetzt geht es los. Wir beginnen mit der 1. Lage. Die ersten zwei Takte werden mindestens drei Mal wiederholt. Dabei wird besonders darauf geachtet, dass die Resonanztöne „strahlend“ klingen. Dann spielt man nochmals die ersten zwei Töne h und c. Daran erkennt man sofort, ob man mit einem Ganzton- oder einem Halbton-Lagenwechsel in die nächste Lage kommt.
Nach der Ausführung des Lagenwechsels (hier ein Halbton-Lagenwechsel) spielt man die nächsten zwei Takte, also die Tonfolge in der 2. Lage. Dies wiederholt man wieder mindestens drei Mal. Auch hier achtet man besonders auf den strahlenden Klang der Resonanztöne. Jetzt wiederholt man wieder die ersten zwei Töne der Tonfolge, also c und d. Nun kommt also ein Ganzton-Lagenwechsel von c nach d, und man ist bereits in der 3. Lage angelangt.
Dies wird so fortgesetzt, bis man am oberen Ende des Griffbrettes angelangt ist. Ich lasse meine Schüler meist bis zur 7. oder 8. Lage hochklettern. Dasselbe natürlich auch auf den anderen Saiten.
Regelmäßigkeit
Zu Beginn lasse ich die Schüler immer sehr langsam spielen, dass sie Zeit haben, sich auf eine ganz klare Intonation zu konzentrieren. Auch wähle ich für jeden Schüler ein angemessenes Pensum aus. Manche Kinder können sehr schnell auf jeder Saite von der 1. bis zur 4. Lage spielen, bei anderen muss ich das Lagenkletterspiel in kleinere Häppchen aufteilen. Wichtig ist die Regelmäßigkeit. Mit der Zeit können die Kinder sich mit dieser Übung auf dem ganzen Griffbrett einspielen und benötigen nur ungefähr vier Minuten dazu. Besonderer Tipp: Lassen sie es auswendig spielen!
Variationen
Um das Lagenkletterspiel abwechslungsreich zu gestalten und dem Gehirn immer wieder eine neue Aufgabe zu stellen, wird es jetzt in verschiedenen Tonarten gespielt. Hier empfiehlt es sich, ein „frisches Blatt“ zu nehmen und wieder Vorzeichen, Notennamen, Halbtobschritte und Resonanztöne einzuzeichnen.
Um noch mehr Abwechslung ins Üben zu bringen, kann das Lagenkletterspiel jetzt auch mit verschiedenen Stricharten gespielt werden.
Nun kommt die „Königsklasse“: Wir ändern die Tonfolge. Wenn wir bis jetzt die Tonfolge „h c d e d e d c“ (also 1 2 3 4 3 4 3 2) gespielt haben, probieren wir einmal die Tonfolge „h d c e d h c d“ (also 1 3 2 4 3 1 2 3) aus. Eventuell mit Bindungen? Sie können Ihre Schüler jetzt selber immer wieder neue Tonfolgen erfinden lassen, mit denen dann eine Woche lang „geklettert“ wird. Die Tonfolgen dürfen selbstverständlich auch mit einem anderen als dem ersten Finger beginnen, dann werden auch die Lagenwechsel mit den andern Fingern geübt.
Sie sehen, Sie können Ihre Schüler das Lagenkletterspiel in unzähligen verschiedenen Varianten spielen lassen. Auf diese Weise muss der Kopf immer aufmerksam bei der Sache sein, es wird also nie langweilig. Und man braucht nach kurzer Zeit keine Noten mehr. Dies ist ein hervorragendes Training, um sich schnell auf dem ganzen Griffbrett zu Hause zu fühlen. So werden sich Ihre Schüler nach kurzer Zeit auf dem ganzen Griffbrett auskennen und ihr Lagenspiel dadurch auf das nächste Level bringen!
Zum Lagenwechsel selber gäbe es natürlich auch noch viel zu sagen. Aber dies kommt ein anderes Mal!
Was habe Sie für Erfahrungen zu diesem Thema? Über einen Kommentar von Ihnen würde ich mich sehr freuen!
Herzlichst,
Ihre Andrea Holzer-Rhomberg
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