Wenn Kinder nicht üben wollen …
Wenn ein Kind zum ersten Mal zum Instrumentalunterricht kommt, ist es voller Freude und Lerneifer. In den ersten paar Unterrichtsstunden ist alles neu und aufregend. Die ersten Lernschritte sind auch meist noch nicht allzu schwierig, sodass sich im Unterricht schnell ein Erfolgserlebnis einstellt. Irgendwann kommt aber unweigerlich der Zeitpunkt, wo die Anforderungen etwas schwieriger werden und die erste Begeisterung nachlässt.
Nun macht das Kind die Erfahrung, dass man ohne regelmäßiges Üben nicht weiter kommt. Es erkennt auch, dass Üben nicht immer lustig und spannend ist, sondern auch manchmal mühsam sein kann. Man muss Bewegungsabläufe mehrmals wiederholen, bis sie reibungslos funktionieren. Man muss sich selber genau zuhören um zu erkennen, ob es gut klingt. Das fühlt sich ja an wie richtige „Arbeit“!
In diesem und den nachfolgenden Artikeln geht es darum, wie wir als Instrumental-Lehrer die Eltern unserer Schüler unterstützen können, dass das Üben zu Hause regelmäßig und auch in einer guten Atmosphäre stattfinden kann.
Nicht üben wollen heißt nicht, das Instrument nicht zu lieben!
Wenn Kinder nicht üben wollen, heißt das noch lange nicht, dass sie ihr Instrument nicht lieben. Es ist eher eine Verweigerung, sich einer nicht ganz leichten und eventuell mühevollen Aufgabe zu stellen. Das Kind kann z. B. bereits sehr genau wissen, worauf es ankommt, dass der Bogen gerade streicht, kann diese Bewegungsabläufe aber noch nicht so kontrolliert ausführen, dass es auch wirklich jedes Mal funktioniert. Das führt bei Kindern oft zu Ungeduld und Enttäuschung.
Hier hilft für gewöhnlich ein Vergleich mit dem Sport: Ein Basketballspieler kann auch sehr genau wissen, wie man einen Ball in den Korb trifft. Er muss aber sehr ausdauernd trainieren, dass der Ball jedes Mal im Korb landet! Kinder, die Sportarten wie Fussball, Tennis, Eiskunstlaufen, Tanzen, usw. ausüben, gehen ja auch ganz regelmäßig zum Training! Dieses regelmäßige Trainieren gehört also definitiv zum Lernprozess dazu, sowohl beim Sport als auch beim Erlernen eines Musikinstruments! Wenn ein junger Mensch das einmal erkannt hat, wirkt sich das sehr positiv auf die Übebereitschaft aus.
Die Eltern „mit ins Boot holen“
Da wir als Lehrer die Instrumentalschüler in den meisten Fällen nur einmal pro Woche für eine begrenzte Zeit von 25, 35 oder 50 Minuten sehen, hängt ein großer Teil des Lernerfolges davon ab, was in der restlichen Zeit beim Kind zu Hause geschieht. Nur eine regelmäßige Beschäftigung mit dem eigenen Instrument bringt auf lange Sicht Fortschritt und Freude. Um also eine Regelmäßigkeit des Übens und Musizierens auch außerhalb der Unterrichtsstunden zu erreichen, müssen wir dringend die Eltern „mit ins Boot holen“.
Manche Eltern stehen ihren Kindern ohnehin stets unterstützend zur Seite, sei es bei schulischen Herausforderungen oder beim Üben. Wir als Lehrer können das gar nicht genug honorieren. Bedanken Sie sich doch auch einmal ausdrücklich bei den Eltern Ihrer Schüler für diese großartige Unterstützung!
Andere wiederum fühlen sich manchmal mit der Situation – besonders wenn das Üben zu einem täglichen Streitpunkt wird – überfordert.
Verhaltensmöglichkeiten
Was können wir als Lehrer dazu beitragen, dass das häusliche Üben unserer Schüler gelingt? Dass es nicht zu einem andauernden „Kräftemessen“ zwischen dem Kind und seinen Eltern wird? Dass es nicht zu einer ungeliebten Sache für alle Beteiligten wird, die man schließlich völlig entnervt aufgibt?
Wir können den Eltern Wege aufzeigen, wie sie zu Hause das Üben liebevoll und trotzdem insistierend begleiten können. Und sollte es doch einmal zu einem „Übe-Konflikt“ kommen, können wir ihnen Verhaltensweisen mit auf den Weg geben, um die Situation wieder zu „entschärfen“. Auf diese Wege und Verhaltensmöglichkeiten werde ich in meinen nächsten Blogbeiträgen genauer eingehen.
Wie „intensiv“ pflegen Sie den Kontakt zu den Eltern Ihrer Schüler? Geben Sie ihnen Anregungen mit für das Üben zu Hause mit ihren Kindern? Oder sind Sie der Ansicht, die Kinder sollten von Anfang an auch zu Hause selbständig üben? Bitte fühlen Sie sich frei, Ihre Erfahrungen und Ihre Meinung zu diesem Thema in den Kommentar zu schreiben!
Herzlichst,
Ihre Andrea Holzer-Rhomberg
Liebe Andrea!
Vielen Dank für das Anschneiden gerade dieses Themas:)
Als Mutter musizierender Kinder und gleichzeitig Instrumentallehrerin kenne ich beide Seiten im Moment sehr gut. Als mitübende Mutter fand ich es sehr hilfreich mit der Videofunktion am Handy manchen Kommentar meinerseits überflüssig zu machen, der die Situation eher mit Stress aufgeladen hätte. So kam es beim erneuten Anschauen/Anhören der kleinen Übstelle durchaus schon zu guten Erkenntnissen, ohne dass ich etwas dazu gesagt habe. Auch meine Schüler finden es durchaus spannend sich mal selbst zu hören und auch zu sehen, wenn im Unterricht z. B. eine Saitenwechselbewegung erklärt und die Bewegung noch nicht klar von ihnen verstanden wurde. Selbstverständlich sind solche Unterrichtsdemos nur zum einmaligen Gebrauch gedacht und dann sofort wieder gelöscht!
Eine schöne Woche
wünscht
Dorothea – Friederike Gruppe
Liebe Dorothea,
vielen Dank für Ihren Beitrag! Ja, das „schnelle Handy-Video“ ist sehr gut einsetzbar als „neutraler“ Partner! Da muss man als Mutter oder Lehrerin nicht immer die unangenehme Aufgabe des „Kritisierens“ übernehmen! Vor allem eigene Kinder nehmen jede Art von Verbesserungsvorschlägen oft sehr persönlich. Wenn das „neutrale“ Video dem Kind zeigt, wo es sich noch verbessern kann, werden ganz viele persönliche Befindlichkeiten aus dem Übeprozess herausgenommen!
Ich halte oft auch eine sehr gut gespielte Passage oder eine besonders schöne Bogenhaltung und dgl. auf Foto oder Video fest und sende es dann an das Handy des Kindes bzw. der Mutter. So hat das Kind eine Kontrolle und einen Ansporn für das Üben zu Hause!
Ganz herzliche Grüße,
Andrea Holzer-Rhomberg