Open Strings im Konzert
Haben Sie auch jedes Jahr wieder einige Anfänger in Ihrem Unterricht? Das ist gut, denn es bringt eine gewisse Kontinuität und ein breites Spektrum in die Klasse. Wenn jedes Jahr wieder ein paar Kinder neu dazukommen, kann man – vor allem bei gemeinsamen Konzerten – eine sehr schöne Entwicklung in der Klasse beobachten: Die jüngeren, die anfangs nur open strings – also „leere Saiten“ – zupfen oder streichen können, sind meist schwer beeindruckt von den musikalischen Leistungen der bereits fortgeschrittenen Schüler. Sie sind motiviert und können sich von diesen einiges „abschauen“. Fortgeschrittene Schüler wiederum, die schon länger dabei sind, kümmern sich meist liebevoll um die Anfänger. Sie unterstützen diese, so gut sie können. Deshalb ist es mir immer wieder ein Anliegen, bei Vorspielen oder sonstigen musikalischen Events „Groß und Klein“ zusammenzubringen!
Open Strings
Was gibt es nun für Möglichkeiten, unsere „Open Strings“-Schüler in ein Konzert einzubinden? Als erstes gibt es natürlich die alt hergebrachte Variante, die jüngsten Schüler einfach ein Leere-Saiten-Liedchen aus ihrer Geigen-/Bratschen-/Celloschule mit Klavierbegleitung beim Klassenabend spielen zu lassen. Diese Liedchen bzw. Musikstückchen sind zwar oft ganz hübsch, bieten aber meist aufgrund der kleinen Schüler-Instrumente und der eingeschränkten Spielmöglichkeiten der Kinder (open strings) kein großes „Klangerlebnis“ und auch sonst keine „Überraschung“ für das Publikum. Außerdem ist die übliche Aneinanderreihung von einem Musikstück nach dem anderen in aufsteigendem Schwierigkeitsgrad bei Klassenabenden wohl nicht sehr anregend für das Publikum und auch nicht für die Spieler. Es gibt aber auch andere Möglichkeiten, Klassenabende zu gestalten. Diesem Thema habe ich mich ja bereits in diesem Blogartikel ausführlich gewidmet. Heute möchte ich Sie aber zu etwas anderem anregen:
Tutti Quanti
Wie wäre es mit einem „Tutti Quanti“-Stück, bei dem alle Schüler mitspielen? Wenn Ihre gesamte Klasse gemeinsam musiziert, was glauben sie, was das für ein Klangerlebnis wird? Das wäre sicher beeindruckend, sowohl für das Publikum als auch für die Mitwirkenden.
Woher soll ich so ein Stück nehmen, bei dem alle mitspielen können, werden Sie sich nun bestimmt fragen. Im Notenhandel werden Sie wahrscheinlich nicht unbedingt fündig. So ein Stück muss man meist selbst schreiben oder zumindest arrangieren. Die meisten von uns Instrumentallehrern haben aber mittlerweile ein Notensatzprogramm, mit dem ganz schnell eine musikalische Idee umgesetzt werden kann.
Tutti-Quanti-Stück erstellen
Ich möchte Ihnen zwei sehr einfache Methoden vorstellen:
- Sie nehmen ein Ensemble-Stück (Duett, Trio, Quartett, … mit oder ohne Klavierbegleitung), das Ihre fortgeschritteneren Schüler spielen können und schreiben einfach eine oder mehrere „Easy-Stimmen“ für die Anfänger dazu. Der Nachteil dieser Methode ist, dass diese Easy-Stimmen oft etwas „langweilig“ zu spielen sind, da sie meist reine Begleitfunktion haben.
- Bei der zweiten Methode machen sie es umgekehrt: Sie nehmen ein Musikstück her, das Ihre Anfänger bereits beherrschen. Eines, bei dem sie eine eigene Melodie zu spielen haben, selbst wenn es nur eine Leere-Saiten-Melodie ist. Zu diesem Stück schreiben Sie nun mehrere Zusatzstimmen in verschiedenen Schwierigkeitsgraden dazu, sodass bis zu den fortgeschrittensten Schülern jeder etwas Interessantes zu spielen hat. Da das Ausgangsstück ja meist relativ kurz ist, brauchen sie pro Stimme wahrscheinlich nur eine oder zwei Zeilen. Dies ermöglicht sogar ein auswendiges Vortragen, da sich jeder Spieler nur seine zwei Zeilen und die Anzahl der Wiederholungen merken muss.
Nun können Sie Ihre Jüngsten mit dem Musikstück beginnen lassen und bei jeder Wiederholung steigen weitere Schüler mit einer neuen Stimme dazu ein. Das klingt am Ende sehr voll, wie ein ganzes Orchester. Für die Open Strings – Spieler ist es ein unglaublich motivierendes Erlebnis, Teil eines so großen Gesamtklanges zu sein!
Nun wünsche ich Ihnen viel Experimentierfreude beim Komponiern und Arrangieren!
In einem meiner nächsten Blogartikel werde ich Ihnen noch eine weitere Methode vorstellen, wie Sie Ihre Open Strings – Spieler auf eine erfrischend lebendige Art in ein Konzert integrieren können.
Herzlichst,
Ihre Andrea Holzer-Rhomberg
Wie integrieren sie Ihre Anfänger-Schüler in die Konzerte? Über einen Kommentar würde ich mich sehr freuen!
Liebe Frau Holzer Rhomberg,
das kleine Stück klingt wirklich ganz wunderbar! Danke.
Ich selbst habe so etwas ähnliches mit einigen Stücken aus den „Stepping Stones“ gemacht, indem ich die Klavierbegleitung auf Streicherstimmen verteilt und dann nach und nach zusammengefügt habe. Und ich habe ebenfalls die Erfahrung gemacht, dass es z.B. bei kurzen dreistimmigen Stücken für die Zuhörer interessant ist, wenn Stimme für Stimme hinzukommt, so wie Sie es beschrieben haben. Bei gemeinsamen längeren Stücken nehme ich u.a. gerne Stücke aus der „Fiddler Collection“. Bisher habe ich jedoch noch nie darüber nachgedacht, zunächst die einfache oder von mir noch weiter vereinfachte Stimme vorzustellen, es sozusagen von unten aufzubauen. Tolle Idee.
Ihr Beispiel regt mich dazu an, dies unbedingt auszubauen.
Herzliche Grüße
Irmgard Fliegner
Guten Tag Frau Holzer Rhomberg
ist das wunderbare kleine „Klassenstück“ über die Melodie des Abendliedes von der Fiedelmax-Vorschule noch verfügbar und darf verwendet werden? Ich finde es nicht mehr auf dieser Homepage..
Herzlichen Dank
Barbara Weber
Liebe Frau Weber,
ja, das Stück ist noch verfügbar. Ich schicke es Ihnen per PN.
Liebe Grüße,
Andrea Holzer-Rhomberg