Anfänger im Klassen-Konzert
Im Laufe eines jeden Unterrichtsjahres haben wir die verantwortungsvolle Aufgabe, unsere „Anfänger“ im Rahmen eines Klassen-Konzert das erste Mal dem Publikum und der versammelten Klasse vorzustellen. Es ist mir immer ein großes Anliegen, dass dieser erste offizielle Auftritt für die angehenden jungen Musiker und Musikerinnen zu einem rundherum positiven Erlebnis wird. Die jüngsten Schüler dürfen hier zum ersten Mal ihre neu erlernten Fähigkeiten und Fertigkeiten am Instrument einem Publikum präsentieren. Gleichzeitig lernen sie auch die andern Schüler der Klasse kennen und hören deren musikalische Darbietungen.
„Künstler“ und Publikum
Selbstverständlich ist für die Kinder der eigene Auftritt die wichtigste Angelegenheit des Abends. Er wird ja auch entsprechend vorbereitet und mit Spannung erwartet. Den eigenen Auftritt mit Bravour zu meistern ist für jeden Musiker immer ein großes Erfolgserlebnis und motiviert sehr.
Für mich ist es aber auch wichtig, dass die Auftretenden lernen, selber ein gutes Publikum zu sein. Jeder von uns will – wenn er auf der Bühne steht – die volle Aufmerksamkeit der Zuhörer. Ich rege also die Kinder meiner Klasse aktiv an, dem jeweils Vortragenden die volle Aufmerksamkeit zu schenken. Ein interessierter, wohlwollender, respektvoller Zuhörer zu sein ist heutzutage nicht selbstverständlich und will auch erlernt sein. Das Verhalten als Zuhörer in einem Konzert gehört meiner Meinung nach zu einer ganzheitlichen musikalischen Bildung dazu. Laden Sie doch Ihre jüngsten Schüler ein, den älteren und fortgeschritteneren Kolleginnen und Kollegen ganz genau zuzuhören und zuzusehen. Sie sollen sich das merken, was ihnen bei jedem einzelnen Spieler am besten gefallen hat. Das fördert die Achtsamkeit und liefert guten Gesprächstoff für die nächste Geigenstunde! Sie werden staunen, wie viele höchst konzentrierte Gesichter Sie in Ihrem nächsten Klassen-Konzert sehen werden!
Gemeinsames Stück
Über das Aufführen eines gemeinsamen Musikstückes („Tutti-Quanti“- Stück) hatte ich vor kurzem schon im Blogartikel „Open Strings im Konzert“ geschrieben. So ein gemeinsames Klassen-Stück stärkt ungemein das Zugehörigkeitsgefühl und den Zusammenhalt der Klasse. Besonders für die jüngsten ist es ein wunderschönes Erlebnis, von der großen Gruppe „getragen“ zu werden. Heute möchte ich Ihnen aber noch eine andere Möglichkeit vorstellen, wie man die Anfänger-Schüler, die natürlich noch nicht sehr anspruchsvolle Literatur spielen können, auf eine lebendige und anregende Art mit ihren bis jetzt erlernten „Skills“ in ein Klassen-Konzert integrieren kann:
Musikalische Geschichte
Das Wort „Story-telling“ ist ja heutzutage in aller Munde. Ja, Geschichten sind immer angesagt, seien sie spannend, gefühlvoll, abenteuerlich, lehrreich oder was auch immer. Haben Sie sich schon einmal überlegt, all die kleinen Lernschritte, die Ihre Anfänger bereits bewältigt haben, in eine Geschichte zu verpacken? Das hat den Vorteil, dass die Kinder nicht ein ganzes Musikstück durchhalten müssen, sondern ihre „Skills“ in kleinen Häppchen, die sie mit Sicherheit erfolgreich bewältigen, präsentieren können.
Musikalische Bausteine
In so eine Geschichte können Sie alle musikalischen „Bausteine“ verpacken, z. B. diverse Rhythmusmuster, z. B. mit Text unterlegt, wie: „Eis-bär“ (=ta ta), „Schildkröte“ (=ta ti ti) usw. Diese können gespielt und gesprochen werden, aber auch als kurze „Szenenmusik“ (z.B. als 4-Takter auf leeren Saiten mit Klavierbegleitung) in den Verlauf der Geschichte eingebettet werden.
Selbstverständlich können auch alle bis dahin erlernten Spieltechniken wie Flageolett-Töne, Glissandi, Tremoli oder sonstige „Geräusche“ wie Streichen hinter dem Steg, klopfen auf den Korpus usw. eingebaut werden. Als Thema so einer Geschichte eignet sich beispielsweise „Spaziergang im Wald“, „XY’s Traum“, „Im Gespensterschloss“, „Im Tiergarten“ und dergleichen. Lassen Sie doch die Kinder selbst kreativ am Entstehen der Geschichte mitwirken. Kinder haben so viele Ideen! So wird es „ihre“ Geschichte, die dann auch mit entsprechendem Enthusiasmus präsentiert wird.
Präsentieren
Auf diese Weise könne auch Ihre jüngsten Schüler beim Klassen-Konzert ihre bereits erlernten Fähigkeiten und Fertigkeiten mit Freude präsentieren, ohne sich durch ein zu langes oder zu schwieriges Musikstück überfordert zu fühlen. Außerdem lockert so eine Geschichte den Ablauf eines Konzerts erfrischend auf und gibt nicht zu letzt den Eltern einen Einblick in Ihre Arbeitsweise.
Wie binden Sie Ihre Anfänger in ein Klassen-Konzert ein? Sicher haben Sie eine Menge kreativer Ideen, über die sich die gesamte Leserschaft sehr freuen würde! Ich freue mich über jeden Kommentar zu diesem Thema!
Herzlichst,
Ihre Andrea Holzer-Rhomberg
Liebe Frau Holzer-Rhomberg,
danke für die vielen bereichernden, Schwung für den Wochenstart gebenden Beiträge.
Anfänger eine Klanggeschichte vortragen lassen, das habe ich auch schon öfter gemacht, einmal haben wir auch ein Bilderbuch vertont. Gerne lasse ich meine Anfänger Lieder spielen, zu denen das Publikum singen oder einen Rhythmus klopfen kann. Dann sind die Zuhörer mit eingebunden und die Anfänger fühlen sich nicht so sehr auf dem „Präsentierteller“.
Um den Klassenzusammenhalt zu fördern, neuen Schüler von Anfang an zu integrieren und die Hürde für das Vorspielen etwas herunter zu setzen, treffe ich mich ca. alle acht Wochen mit meinen Schülern ohne Eltern zu einer „Klassenstunde“ am Samstag, an der sich alle vorspielen woran sie gerade arbeiten. Dann gibt es eine längere Pause, in der die Schüler immer schnell miteinander in Kontakt kommen und neue Schüler herzlich aufgenommen werden. Dann proben wir immer noch ein Stück im Klassenensemble für das nächste Konzert, so in der Machart, wie Sie es vor einigen Wochen beschrieben haben.
Darüberhinaus spielen meine Anfänger nach Möglichkeit ab der ersten Unterrichtsstunde in meinem Streichensemble „Saitenhüpfer“ und kommen dadurch schnell ins Spielen rein, erleben Musizieren als natürliches soziales Ereignis und haben so schon vor dem ersten Klassenvorspiel einige Erfahrungen mit dem Instrument gesammelt.
Herzliche Grüße und eine schöne Woche!
Felicitas Rüdiger
Vielen Dank für Ihren Kommentar und Ihre schönen Erfahrungen und Anregungen! Besonders Ihre Idee, das Publikum ins Musizieren mit einzubinden gefällt mir sehr!!!
Herzliche Grüße,
Andrea Holzer-Rhomberg
Sehr geehrte Frau Holzer-Rhomberg,
meine Anfängerkinder boten kürzlich eine Umrahmung einzelner Konzertbeiträge, indem wir ein kleines gemeinsames Stück spielten mit dem Text : „Jeder spielt so gut er kann und dann kommt der nächste dran“. Als Melodie kann man der Anfang von „Morgen kommt der Weihnachtsmann „nutzen.
Vom leere -Saitenspieler bis hin zu den Großen, die obligate, bewegtere Stimmen darüber spielten, konnten alle mitmachen. Sogar die Eltern durften mitsingen.
Danke für Ihr Bestreben, aus den Mitwirkenden auch gute Zuhörer zu machen!
Hzl.
Eva Röll
Danke! Das „Jeder spielt …“ ist eine wunderbare Idee!
Liebe Grüße,
Andrea Holzer-Rhomberg