Hurra, ein neues Musikstück!
Letzte Woche hatte ich mit meiner Klasse das erste Klassenvorspiel in diesem noch recht jungen Schuljahr. Es ist immer ein ganz besonderer Moment, wenn Schüler ihrem Publikum zeigen können, was sie gelernt haben.
Nach so einem Vorspiel kommen sie meist mit freudiger Erwartung in die nächste Geigenstunde, denn da gibt es – neben einem konstruktiven und wohlwollenden Feedback über ihren Auftritt – auch ein neues Musikstück! Hurra, ein neues Musikstück! Welcher Schüler liebt nicht diesen Moment, ein neues Werk vorgelegt zu bekommen! Die Motivation ist groß, und die jungen Musiker und Musikerinnen möchten sofort loslegen.
Musikalische Checkliste
Bevor sich die Kinder aber nun völlig planlos ins Üben stürzen und dann sehr schnell enttäuscht aufgeben, weil sie mit der Tonart oder dem Rhythmus oder dem Takt nicht zurecht kommen, erkunden wir zuerst gemeinsam ein paar essentielle Fragen zum neuen Musikstück. Zu diesem Zweck habe ich eine kleine Checkliste zusammengestellt, die den Schülern auch zu Hause gute Dienste tut. Anhand dieser Liste können sie selbständig die Fakten und das notwendige Wissen zu jedem Musikstück, das sie gerne spielen möchten, recherchieren.
Die TTT-Frage
Einer der Lehrer aus meinen Kindertagen stellte mir vor jedem Musikstück immer die berühmte TTT-Frage: Tonart? Takt? Tempo?
Damals war mir diese Frage einfach nur lästig, ich sah den Sinn darin nicht. Wenn ich heute meine Schüler mit solchen Fragen konfrontiere, dann geschieht dies auf einer sehr praktischen Ebene. Wenn es z.B. um die Tonart geht, schreiben wir zuerst die entsprechende Tonleiter und auch den Dreiklang dazu auf und spielen dies. Dann schauen wir uns das Musikstück an und untersuchen es auf Teile von dieser Tonleiter und Dreiklangzerlegungen. So können die Kinder erkennen, dass so ein Musikstück meist aus nichts anderem als aus Teilen von diesen Tonleitern und Dreiklangzerlegungen besteht. Indem man also die selbst aufgeschriebene Tonleiter spielt, hat man sich schon mit dem Tonmaterial des neuen Stückes bekannt gemacht.
Musiktheoretisches und musikgeschichtliches Wissen
Die Fragen auf meiner Checkliste beschränken sich aber nicht nur auf Tempo, Takt und Tonart. Auch wiederkehrende rhythmische oder melodische Muster, zusätzliche Versetzungszeichen im Notentext, eventuelle Tonart- oder Taktwechsel oder eine erkennbare Gliederung in Abschnitte spüren wir auf. Ebenso interessant ist es, zu wissen, wer das Stück komponiert hat und zu welcher Zeit. Die Auseinandersetzung mit den Fragen auf dieser Checkliste verlangt natürlich etwas an musiktheoretischem Wissen. Die enge Verknüpfung der Musiktheorie mit der Spielpraxis weckt aber meiner Erfahrung nach immer mehr die Freude am Erkennen und Verstehen der Musik! Hier ein Blick auf meine Checkliste:
Interesse wecken
Diese Checkliste hilft den jungen Musikern und Musikerinnen, sich vorab einen Überblick über das neue Musikstück zu verschaffen, was für das anschließende Üben einen großen Vorteil bringt. Diese Liste weckt durch ihre Recherche-Aufgaben aber auch das Interesse an weiterführenden Informationen und führt so zu immer mehr Verständnis an der Musik. Je mehr wir es als Lehrperson verstehen, die Neugier unserer Schüler zu wecken, desto motivierter werden unsere Schüler sein. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen viele gemeinsame spannende Entdeckungsreisen durch neue Musikstücke mit Ihren Schülern!
Herzlichst,
Ihre Andrea Holzer-Rhomberg
Lieber Frau Holzer-Rhomberg,
herzlichen Dank für diese schöne Idee. ich werde sie nach meinem nächsten Klassenvorspiel im Dezember gleich in die Tat umsetzten und bin sehr gespannt wie meine Schüler*innen darauf reagieren werden.
Herzliche, kollegiale Grüße,
Christine Walter
Liebe Frau Walter,
wie schön, berichten Sie mir, wie diese Vorabbeschäftigung mit dem neuen Stück bei Ihren Schülern angekommen ist? Konnten sie daraus einen Nutzen ziehen?
Liebe Grüße,
Andrea Holzer-Rhomberg