Kennen Sie die Roboter-Übung?
Die Roboter-Übung: Geht es Ihnen im Unterricht auch so, dass Sie immer wieder bei Ihren Schülern die Aufmerksamkeit auf eine gute Handstellung der linken Hand lenken müssen? Wenn ein Kind die Finger auf der A-Saite korrekt aufsetzt, heißt das noch lange nicht, dass die Stellung des Armes, der Hand und der Finger nach dem Wechsel auf der D-Saite immer noch korrekt ist. Woran liegt das, und wie können wir im Unterricht vorgehen, dass die Kinder auf jeder Saite eine gute, entspannte Haltung der linken Hand entwickeln? Dazu möchte ich Ihnen heute eine kleine Übung vorstellen. Ich nenne sie die Roboter-Übung.
Wie bewegt sich ein Roboter?
Die Bewegungen eines Roboters sehen für uns meist „eckig“ oder „zackig“ aus. Das kommt daher, dass die unterschiedlichen Komponenten einer Bewegung meist hintereinander und nicht gleichzeitig ausgeführt werden. Nehmen wir an, der Roboter müsste einen Gegenstand ergreifen, der rechts neben ihm auf einem Tisch liegt. Dazu müsste er zuerst den Arm im Ellenbogen beugen um ihn auf die richtige Höhe zu heben, ihn dann im gewünschten Winkel nach rechts drehen, seine „Finger“ öffnen, den Gegenstand „ergreifen“ und so weiter. Sicher sind Roboter, die heutzutage gebaut werden, schon viel weiter entwickelt und können bereits mehrer Bewegungen gleichzeitig ausführen bzw. „überlagern“. Mir geht es hier nur um das „Bewegungs-Bild“, das wir von den ersten Robotern noch im Kopf haben. Das „Bild“, dass die einzelnen Bewegungen nicht „vermischt“ werden, sondern hintereinander ausgeführt werden. Wenn wir unsere eigenen Bewegungsmuster also genau wie so ein „früher“ Roboter in Einzelbewegungen zerlegen, können wir ganz genau darauf achten, jede Einzelbewegung korrekt und kontrolliert auszuführen. Genau darum geht es bei der Roboter-Übung.
Die Roboter-Übung
Beispiel: Wir wollen die ersten 3 Finger auf einer Saite aufstellen und diesen „Griff“ dann auf alle anderen Saiten „übertragen“. Dabei soll die Stellung des Armes, der Hand und der Finger die bestmögliche für das Spiel auf der jeweiligen Saite sein.
Im ersten Schritt achten wir auf die Schwerkraft. Wenn wir die Finger auf der A-Saite aufsetzen, stellen wir uns vor, der Arm wäre „aufgehängt“, und zwar auf der einen Seite an der Schulter und auf der anderen Seite an den aufgestellten Fingern. Der Ellenbogen „baumelt“ also der Schwerkraft zufolge nach unten. Da das Griffbrett nicht einfach ein gerades „Brett“ ist, sondern leicht gewölbt, „hängt“ der Ellenbogen z. B. etwas weiter nach vorne bzw. nach rechts, wenn wir die Finger auf der D-Saite aufstellen. Tut er das nicht, „halten“ wir ihn irgendwo mit unnötiger Muskelkraft fest. Es ist wichtig, dass die Kinder auf jeder Saite das Gefühl des „hängenden Armes“ spüren lernen, denn nur ein „hängender“ Arm ist ein entspannter Arm.
Im zweiten Schritt lenken wir die Aufmerksamkeit auf das Heben der Finger von der Saite. Wir heben die Finger nur ganz wenig, höchstens einen Millimeter. Im dritten Schritt senken wir die Finger wieder auf die Saite. Wenn man die Finger möglichst knapp über der Saite lässt, finden sie auch ihre „Plätzchen“ auf dem Griffbrett wieder sehr genau. Im vierten Schritt achten wir schließlich noch auf einen lockeren Daumen. Nun aber zum Ablauf der Übung:
Ablauf der Übung
Wir stellen die Finger 1, 2 und 3, (später selbstverständlich auch den 4. Finger) auf der A-Saite auf. Nun zählen wir einen 4/4-Takt. Bei der ersten Zählzeit heben wir die Finger einen Millimeter weit über die Saite. Bei der zweiten Zählzeit gehen wir mit dem Arm in die richtige Position für die neue Saite, d.h. wir machen einfach eine klitzekleine Bewegung mit dem Ellenbogen. Für die tieferen Saiten gehen wir etwas nach vorne bzw. rechts, für die E-Saite ein klein wenig nach hinten bzw. links, also jeweils gerade so weit, bis die Finger sich einen Millimeter über der neuen Saite befinden. Bei der dritten Zählzeit stellen wir die Finger auf der neuen Saite auf, wir müssen sie ja nur noch auf das Griffbrett „senken“. Bei der vierten Zählzeit klopfen wir ganz leicht mit dem Daumen an den Geigenhals, sodass der Daumen locker bleibt und nicht an den Geigenhals drückt.
Vielseitig anwendbar
Diese Roboter-Übung, d. h. das bewusste „Aufteilen“ komplexerer Bewegungsabläufe in kleine Teilbewegungen, kann selbstverständlich auch mit einzelnen Fingern ausgeführt werden, z. B. bei einer schwierigen Passage in einem Stück. Dort kann sie bewusst machen, wo es bei den Saitenwechseln noch „holpert“. Die Roboter-Übung kann bei den unterschiedlichsten Lernschritten eingesetzt werden, auch bei der Bogentechnik, z. B. beim Erlernen der ersten Bindungen usw. Sie kann auch im Tempo variiert werden und sogar mit Metronom ausgeführt werden. Kinder lieben es, manchmal „Roboter“ zu spielen!
Ich habe jedenfalls sehr gute Erfahrungen mit dieser Übung gemacht in Bezug auf eine natürliche und entspannte Haltung des linken Armes, der linken Hand der Finger auf dem Griffbrett. Sicher haben auch Sie Ihre „Geheimtipps“, um bei Ihren Schülern eine entspannte Haltung zu etablieren. Über Ihre Erfahrungsberichte im Kommentar würde ich mich sehr freuen!
Herzlichst,
Ihre Andrea Holzer-Rhomberg
Der Kommentar kommt etwas spät, aber macht ja nichts. Danke für den Namen Roboter-Übung. Methodisch gehe ich so vor wie Sie, hatte aber keinen Namen dafür, sodass es eher etwas trocken war. Das Roboter-Bild macht viel mehr Spaß!
Zum Lagenkletterspiel: Habe ich ausprobiert. Ich baue etwas dazwischen ein. Ich gehe zum 1. Finger zurück (mit 2 halben Noten, damit es im 4/4 Takt bleibt), rutsche dann mit dem 1. Finger in die nächste Lage usw. Das finde ich zunächst den einfachsten Weg. Ich finde das „Spiel“ super, weil es die Schüler dazu anleitet, genau zu überlegen, in welcher Tonart sie gerade spielen und nicht aus Versehen „Ausflüge“ in andere Tonarten zu machen. Außerdem finde ich gut, dass es bis zur 8. Lage geht, denn das gelingt jedem Schüler, auch wenn er in den höheren Lagen noch nie gespielt hat.
Herzliche Grüße
Irmgard Fliegner
Das freut mich sehr, Frau Fliegner! Vielen Dank!