Cello-Wetterlage – Ein Gespräch mit der Cellistin und Komponistin Magdalena König
Mir macht es immer wieder unglaublich viel Spaß, neue und ansprechende Musikstücke für meine Schüler zu suchen und zu finden! Besonders zu Schulbeginn im Herbst bin ich immer sehr gespannt, was wieder an neuer Spielliteratur für Streichinstrumente auf den Markt gekommen ist.
Heute möchte ich Ihnen eine wahre Fundgrube an Spielliteratur für junge Cellistinnen und Cellisten vorstellen. Im Verlag Heinrichshofen und im Verlag Uetz sind mehrere Bände mit sehr vielseitigen, inspirierenden Musikstücken der Cellistin und Komponistin Magdalena König erschienen. In meinem heutigen Beitrag möchte ich Ihnen Frau König, die seit vielen Jahren am Musikschulwerk Oberösterreich Cello unterrichtet, vorstellen. Im folgenden Gespräch gibt sie uns Einblicke in ihre kompositorische und pädagogische Arbeit.
A.HR.: Frau König, Sie unterrichten seit vielen Jahren Cello. Was hat Sie bewogen, für Ihre Schüler selber Musikstücke zu komponieren?
M.K.: Die Anfänge meines Komponierens liegen eigentlich schon recht lange zurück. Aufgehoben habe ich mir noch einen Zettel aus einem alten Notenheft von mir, auf dem stolz steht: „Selbstkomposition im 12. Lebensjahr!“🙂 Ich kann mich erinnern, dass es mir zum Beispiel in der Studienzeit viel Freude gemacht hat, zu Cellokonzerten eigene Kadenzen zu schreiben.
Nach meinem klassischen Abschluss habe ich verschiedene Sachen ausprobiert, um meinen musikalischen Weg zu finden. Eine Zeit lang habe ich mit einem Jazzpianisten zusammengespielt und auch dafür Stücke geschrieben. Auf einem Improvisationsseminar habe ich eine jetzige Freundin von mir kennengelernt, die mich eingeladen hat, mit ihr Live-Improvisationen zu Stummfilmen zu spielen, was wir dann viele Jahre lang gemeinsam gemacht haben.
Die Initialzündung dafür, wirklich Stücke für meine Schüler zu schreiben und diese auch herauszugeben, passierte dann eigentlich kurz nach der Geburt meiner Tochter, als ich in einer der wenigen freien Stunden ein Konzert von einem befreundeten Gitarristen besuchte. Beim Heimfahren hatte ich dann irgendwie eine Melodie im Kopf und am nächsten Tag habe ich sie aufgeschrieben – das war „Wärme“, mein erstes Stück vom ersten Band der Cello Momente.
A.HR.: Viele Ihrer Musikstücke haben ja auch einen pädagogischen Hintergrund. Nach was für Kriterien gehen Sie da beim Komponieren vor?
M.K.: Kriterien finde ich im Zusammenhang mit Komponieren ein schwieriges Wort. Wenn ich mich mit dem Vorhaben hinsetze, ein ganz bestimmtes Stück in der und der Art zu schreiben, bin ich nach einer Viertelstunde grantig und herausgekommen ist selten etwas Verwertbares. Die besten Ideen kommen mir manchmal, wenn ich eigentlich etwas ganz anderes vorhabe, zum Beispiel Spazierengehen, oder mich entspannen möchte, mich aber dann doch noch schnell zum Cello setze, und auf einmal habe ich ein neues Stück … Oft ist es aber auch so, dass mir sofort etwas einfällt, wenn ich für einen Anlass etwas brauche, wie ein bestimmtes Stück für einen Schüler oder für einen Wettbewerb.
Was mir allerdings sehr wichtig ist, wenn ich einen Notenband zusammenstelle, dass die Stücke von der Schwierigkeit her zusammenpassen. Das heißt, wenn ich jetzt einen Band mache, der auf die Streckung in der 1. Lage ausgerichtet ist, dann kommen wirklich nur solche Stücke vor, und wenn ich dann etwas schreibe, beschränke ich mich mit dem Notenmaterial genau darauf, auch wenn das natürlich nicht immer einfach ist.
A.HR.: Wie kommen Sie zu den Ideen für Ihre Musikstücke?
M.K.: Das ist wirklich ganz unterschiedlich. Sehr oft brauche ich irgendetwas für den Unterricht und daraus entsteht dann ein ganzer Band. Manchmal wünschen sich auch Schüler Stücke bestimmter Art.
Bei der Cello-Wetterlage war es zum Beispiel so, dass ich für Prima la Musica für einen 8-jährigen Schüler ein Stück in der modernen Kategorie gesucht habe, das genau für ihn passt. Das frisch entstandene Stück war dann „Quatsch im Matsch“. Der Schüler war von dem Stück begeistert und hat dann auch den ersten Preis gemacht. Nach dem Wettbewerb meinte mein Mann dann: „Echt ein nettes Stück. Du solltest einen ganzen Band mit solchen Stücken machen!“ Ja, und das Ergebnis ist eben jetzt gerade erschienen – die „Cello-Wetterlage“.
Letztes Jahr wollten meine Akkordeon-Kollegin und ich in der Musikschule einen Tango-Abend mit Schülern veranstalten (der dann leider wegen Corona ins Wasser fiel). In dem Schuljahr hatte ich sehr viele kleine Anfänger, die um die Zeit nur leere Saiten spielen konnten, aber ich wollte dennoch, dass sie beim Konzert mitspielen können. So habe ich den „Mango-Tango“ in g-Moll komponiert: Die erste Stimme spielt Streckung tief, die 2. Stimme spielt nur mit leeren Saiten (das geht am Cello ja nicht in wirklich vielen Tonarten), und so waren alle meine kleineren Schüler beschäftigt!
Bei der letzten Ballade, die ich geschrieben habe, hat mir eine Freundin in der Lockdown-Zeit von Corona ein wunderschönes Bild geschickt und mich gefragt, ob ich nicht dazu Musik schreiben möchte – das hat mich auch gleich inspiriert. Oder ein schönes Erlebnis in der Natur, eine tolle Stimmung bleibt mir im Kopf und wandelt sich dann in Musik.
Natürlich werden die Stücke für meine Bände immer ausgiebig mit meinen Schülern getestet. Was nicht so gut funktioniert, wird adaptiert und so lange geändert, bis es wirklich passt. Das ist oft eine etwas langwierige Arbeit, aber es zahlt sich aus, denn – was dann gedruckt wird, klappt im Unterricht und bei Konzerten und Wettbewerben bestens!
A.HR.: Findet Komposition und Improvisation auch in Ihrem Unterricht Platz?
M.K.: Ja, das geht gar nicht anders! Schon mit den kleinen Schülern mache ich das in spielerischer Form. Klanggeschichten mit dem Cello zu untermalen lieben meine Schüler sehr. Doch auch Gedichte musikalisch umzusetzen macht ihnen viel Spaß. Das kann ein vorgefertigtes Gedicht sein, das ihnen gut gefällt, oder ich nehme irgendetwas aus dem Umfeld des Schülers, mache ein Gedicht daraus, und dann dürfen sie es daheim vertonen. Ein Schüler hat mir am Anfang der Stunde begeistert von seinem Aquarium erzählt – daraus wurde dann ein kurzes Stücklein über Fische und sein Aquarium, auf das er dann sehr stolz war!
Manche Schüler erfinden auch selber tolle Geschichten. Ich habe im Unterricht Zwillinge, die eine ganz tolle Geschichte erfunden haben. Dabei ging es um den Marienkäfer „Schnucki“, der sich von Feen ein klitzekleines Cello mit Bogen wünscht und mit diesem Cello dann beim Feenball im Orchester mitspielen darf. Die beiden haben druckreif erzählt – ich musste nur noch mitschreiben … 🙂 und dann haben wir noch gemeinsam in der Stunde ein Lied über diesen Marienkäfer geschrieben. Das war beim Vortragsabend dann natürlich ein voller Erfolg!
Bei den Jugendlichen und Erwachsenen ist es unterschiedlich. Manche haben einen sehr natürlichen Zugang zum Improvisieren und machen das, ohne viel darüber nachzudenken. Andere weigern sich mit Händen und Füßen, aber nach den ersten Versuchen finden sie es oft schon nicht mehr so schlimm …
Komponieren funktioniert hier oft am besten mit einem klar definierten Auftrag, egal ob das jetzt über ein Bild, ein Gedicht, eine Stimmung, oder auch so etwas Banales wie z.B. über verschiedene Schuhe (wie z.B. High Heels, Bergschuhe, Hausschlapfen, …) sein mag. Eine erwachsene Schülerin hat gerade (für ihre eigene erste Übertrittsprüfung) ein wunderschönes Stück geschrieben über ein Haiku mit dem Titel „Wolken“, bei dem man sich förmlich vorstellen kann, in der Wiese zu liegen, und den Wolken beim Ziehen zuzusehen.
A.HR.: Bei so viel Arbeit – Unterrichten und Musikstücke komponieren und herausgeben – wie teilen Sie sich Ihre Zeit und Energie ein?
M.K.: Irgendetwas kommt natürlich immer zu kurz. Bei uns im Haus liegt immer irgendetwas herum, was dringend erledigt werden muss. Mein Mann erfindet gerne Brettspiele, ist aber auch Pianist und Komponist und schreibt mir zu meinen Stücken mit Klavierbegleitung mit viel Liebe und Einfühlungsvermögen die Klavierstimme. Da wird dann oft ein Deal gemacht: Ich liege ihm in den Ohren, doch endlich die letzten Stücke vom aktuellen Band fertigzumachen, er hingegen möchte, dass ich mit ihm sein neues Spiel teste. Wir finden irgendwie immer einen Weg, dass sich alles ausgeht, aber in den Ferien oder an den Wochenenden haben wir natürlich mehr Zeit dafür.
Steht etwas Dringendes an wie ein Abgabetermin für Noten oder eine CD-Aufnahme für einen Notenband, dann kann es schon sein, dass die Bäder eine Zeit lang nicht so schön geputzt sind, oder meine Tochter jammert, dass sie dringend ihren Lieblingspulli frisch gewaschen benötigt.
A.HR.(lacht): … Ja, das kenne ich auch! Welche Noten-Ausgaben sind von Ihnen bisher erschienen?
M.K.: Gerade neu erschienen ist beim Verlag Heinrichshofen die „Cello-Wetterlage“ für Cello und Klavier, ein lustiges Heft rund um das musikalische Wetter. Dieses Heft beinhaltet Mp3s zum Herunterladen und ist mit ansprechenden, bunten Grafiken speziell für jüngere Schüler ausgestaltet.
Letztes Jahr hat der Verlag Heinrichshofen „Los geht’s!“, Duos für 2 Celli mit je 4 Takten Improvisationsmöglichkeit, herausgebracht. Zum Üben der Improvisationen gibt es auch Mp3s zum Mitspielen, die wie die anderen Mp3s (Stücke und Playbacks) im Heftpreis inbegriffen sind. Das Heft beinhaltet auch eine kleine Einführung ins Improvisieren. Die Stücke sind aber auch ohne Improvisationen ganz normal spielbar.
Beim deutschen Uetz-Verlag sind die Cello Momente (für Cello und Klavier) herausgekommen, von denen es 2 Bände gibt. Dazu ist auch eine CD mit allen Stücken erhältlich, auf der auch Playback-Versionen aller Stücke zum Musizieren daheim drauf sind.
A.HR.: Kann man sich Ihre Stücke auch irgendwo anhören, um einen ersten Eindruck zu bekommen?
M.K.: Ja, wer einen kleinen akustischen Eindruck meiner Musik bekommen möchte, hier der Link zu meinem YouTube- Kanal!
A.HR.: Liebe Frau König, vielen Dank für das interessante Gespräch!
M.K.: Gerne, Ihnen auch vielen Dank!
Danke für diesen auch für Geiger interessanten Beitrag, sowohl die Fragen gut ausgewählt als auch spannende Antworten! Tolle Idee, die Schüler selbst eine Geschichte ausdenken zu lassen und dann zu vertonen.
Herzliche Grüße
Gudrun Huber
Vielen Dank, Frau Huber! Ja, Kinder lieben Geschichten! Man kann sich auch Geschichten ausdenken, die zur jeweiligen Jahreszeit passen. Derzeit würde sich z. B. Herbst, Wald, Halloween und dergleichen anbieten.
Liebe Grüße,
Andrea Holzer-Rhomberg