Abwechslung im Online-Unterricht
Die erste Woche Online-Unterricht liegt bereits wieder hinter mir. Größtenteils lief es sehr gut, da ich mit den meisten Schülern (nach Absprache mit den Eltern) einen Termin finden konnte, an dem sie von zu Hause aus über einen Laptop am Unterricht teilnehmen konnten. Das hat sich in jedem Fall sehr positiv auf die Klangqualität ausgewirkt.
Heute möchte ich mich dem Thema Abwechslung im Online-Unterricht widmen.
Junge Schüler brauchen Abwechslung
Junge Kinder haben oft noch eine sehr begrenzte Konzentrationsspanne. Im Präsenzunterricht kann man diese mit sehr schönen Lernspielen zu musikalischen und musiktheoretischen Themen erheblich steigern. Das macht den Unterricht sehr abwechslungsreich und kurzweilig für die Kinder, und sie lernen spielerisch eine Menge über Musik. Nun stellt sich mir die Frage: Wie kann ich diese spielerischen Lernformen auch in meinen Online-Unterricht einbauen? Wie bekomme ich Abwechslung in meinen Online-Unterricht?
Rhythmus und Bewegung
Was mir und wahrscheinlich auch den Kindern am meisten fehlt, ist Bewegung. Deshalb bin ich sehr froh, dass sich ein Rhythmus-Spiel auch Online gut mit Bewegung umsetzen lässt. Man stellt sich einfach etwas weiter weg vom Bildschirm auf und kann die Rhythmen, die beim Screen-Sharing groß auf dem Bildschirm erscheinen, in Bewegung umsetzen. Mit den Beinen gibt man den Puls an, das Metrum, d. h. man „marschiert“ am Platz, mit der rechten Hand klopft man den Rhythmus: Die Noten auf den rechten Oberschenkel oder auf den Bauch (jedenfalls so, dass das Gegenüber das auf dem Bildschirm auch sehen kann), die Pausen klopft man auf die linke Schulter. Bei Linkshändern umgekehrt.
Das Spiel geht so: Ich „spiele“ eine Zeile, und das Kind soll erkennen, welche der 5 Zeilen das war. Dann umgekehrt. Dann schwieriger: Wir können die Zeilen auch von hinten nach vorne „spielen“. Noch schwieriger: Wir „spielen“ nur einzelne Takte von oben nach unten oder von unten nach oben, z.B. von jeder Zeile nur den Takt zwei. Da wird es schon ganz schön knifflig. Da muss man schon ganz gut Noten und Rhythmen lesen können und quasi mit den Augen überall sein! Der Spielablauf ist gleich wie beim Blattspiel, das ich in diesem Artikel beschrieben habe. Das lockert den Unterricht ungemein auf. Nach so einer Rhythmus-Einlage hat man wieder so richtig Schwung, das nächste Stück auf dem Instrument zu spielen!
Notenlesen üben
Auch am Bildschirm kann man gut Noten lesen üben. Über Screen-Sharing kann man auf das Whiteboard 5 Notenlinien aufzeichnen. Das Kind darf dann zuerst einen Notenschlüssel in die Linien malen. (Ja, auf dem geteilten Bildschirm ist das möglich.) Dann wird vom Lehrer eine Note hineingeschrieben. Zuerst übt man nur, die Plätzchen der Noten im Notensystem zu verbalisieren: „Sitzt die Note auf einer Linie oder in einem Zwischenraum? Auf welcher Linie / in welchem Zwischenraum?“
Dann darf das Kind eine Note ins System hineinschreiben. Nun wird wieder gemeinsam der Platz der Note verbalisiert. Da kann der Lehrer auch mal was „Falsches“ sagen und das Kind soll korrigieren! Das lieben die Kinder. Man kann auch einen „Wettbewerb“ machen (Sternchen- oder Herzchen-Liste machen), wer die meisten Noten-Plätze richtig beschrieben hat. Wenn das Platz-Bestimmen gut funktioniert, kommen die Notennamen dazu. Pro Lektion nur wenige Noten, die dann in der nächsten Lektion wiederholt werden, bevor neue Noten dazu kommen. Anschließend werden die Noten auf dem Instrument gespielt, sodass man das „Bild“ der Note mit dem „klingenden Ton“ verbindet. Auch das ist eine sehr spielerische Art, die im Online-Unterricht gut durchführbar ist, und die den Unterricht sehr lebendig werden lässt.
Interaktive Lernspiele
Normalerweise ziehe ich immer das Tun mit den Händen, das „Begreifen im wahrsten Sinne des Wortes“, einem Computerspiel vor. Die Haptik von Dingen hat auch etwas sehr Einprägendes. Außerdem sitzt man ja eh schon lange genug vor Bildschirmen herum! Im Online-Unterricht kann aber auch ein interaktives Lernspiel für Abwechslung sorgen. Hier ein Beispiel: Das Gehörbildungsspiel für Kinder von Musikwissenschaften.de (Achtung: Dieser Link funktioniert leider nur bei aktiviertem Flash-Player). Man muss hier beim Bildschirm-Teilen darauf achten, dass man auch die Funktion „Computerton-teilen“ einstellt.
Der Lehrer klickt auf den gelben Pfeil. Nun erscheint eine Note im Notensystem, die man auch hört. Jetzt geht man auf die Suche, welcher Ton aus der obigen Tonleiter das gewesen sein könnte. Bei Anklicken der Töne hört man die Tonhöhe und kann vergleichen. Leider funktioniert das Anklicken nur von Lehrerseite aus. Man kann aber wieder sehr gut gemeinsam den Platz dieses Tons im Notensystem besprechen, und wenn der Lehrer auf Anweisung des Schülers dann die Note anklickt, hören beide das Ergebnis.
Ablauf einer Lektion
Beim Ablauf einer Lektion achte ich bei sehr jungen Schülern immer auf eine gute Aufteilung der Lerninhalte.
- Zuerst ist das Spielen auf dem Instrument an der Reihe. Nach dem Stimmen des Instruments wird das Geübte der vergangenen Woche gespielt. Dabei kann ich auch meine Begleit-mp3-Dateien durch „Computerton teilen“ sozusagen auf Schülerseite abspielen lassen, sodass das Kind mit Begleitung (ohne Verzögerung) musizieren kann.
- Nun kommt eine Rhythmus-Einheit. Die Rhythmen können mit Rhythmussprache und Bewegung umgesetzt, aber auch auf dem Instrument gespielt (oder beides) werden.
- Anschließend kommen kleine Vorübungen zum neuen Musikstück, sehr spielerisch – durch Vorspiel und Nachspiel – führe ich das Kind durch die spieltechnischen Herausforderungen des neuen Stückes, noch ohne Noten. Erst dann kommen die Noten aufs Notenpult. Nun entdeckt das Kind, dass es alle „schwierigen Stellen“ eigentlich schon bei den Vorübungen bereits einmal erfolgreich gespielt hat. Das „beflügelt“ so richtig, das neue Stück zu üben!
- Jetzt kommt wieder ein Spiel dran: Noten-Plätze bestimmen oder Noten lesen.
- Nun wird zum Abschluss der Lektion nochmal Geige gespielt, und zwar ein Musikstück, das das Kind besonders gerne spielt. So beenden wir die Lektion mit einem freudigen Gefühl und Zuversicht, die neue Übeaufgabe mit Bravour zu meistern.
Der Online-Unterricht war für uns Lehrende und für unsere Schüler wie ein Sprung ins kalte Wasser. Nun gilt es, auch für diese Form des Unterrichts neue Möglichkeiten zu finden, die Lektionen abwechslungsreich, ansprechend und methodisch der neuen Situation angepasst zu gestalten, um und die knapp bemessene Unterrichtszeit optimal zu nutzen.
Wie gestalten Sie die Online-Lektionen mit Ihren jüngsten Schülerinnen und Schülern? Haben Sie frische Ideen, die Sie gerne mit uns teilen möchten? Ich denke, die Community hier ist um jeden neuen Input froh und dankbar!
In diesem Sinne grüße ich Sie herzlich,
Ihre Andrea Holzer-Rhomberg
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