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Welche Art von Lob verstärkt die Motivation? — 10 Kommentare

  1. Liebe Andrea,
    Dank für den interessanten Beitrag, der wie immer hilft, den eigenen Unterricht zu reflektieren.

    Sich mit der Motivationspsychologie auseinanderzusetzen ist für jeden Lehrenden eine Goldgrube. Ein spannendes Gebiet, das einem die Augen öffnet für so manche Zusammenhänge, die man bis dahin nur so ungefähr „gefühlt“ hat. Seitdem ich einige grundlegende Bücher über Motivation gelesen habe, bin ich sehr viel wachsamer, wie ich beim Unterrichten die Rückmeldung gebe. Zum Beispiel kann ein dickes Lob für das Erfüllen einer leichten Aufgabe als kränkend erlebt werden (der Lehrer traut mir nicht mehr zu, er hält mich also für unbegabt). Hingegen kann Tadel die Botschaft transportieren: Der Lehrer traut mir mehr zu, also hält er was von mir. (man nennt das den „paradoxen Effekt von Lob und Tadel“).
    — SO gibt es viele Theorien, die verschiedene Aspekt der Motivation darstellen. Zum Beispiel gibt es den „Pygmalion-Effekt“: er beschreibt das Phänomen, dass die Meinung, die der Lehrer von seinem Schüler hat, sich schließlich realisiert. (Daher immer „groß“ von jedem einzelnen Schüler denken! Er kann sich an dieser großen Meinung „emporranken“!).

    Entscheidend ist auch die Bezugsnormorientierung (BNO). Hier gibt es die individuelle, die objektive und die sachliche.

    Die individuelle BNO betrachtet ausschließlich den individuellen Fortschritt und begründet darin die Rückmeldung. Das ist für alle Schüler günstig, denn mit Anstrengung kann jeder sein Schiff in die richtige Richtung segeln lassen.

    Hingegen hält die objektive BNO nur für die besseren Schüler Möglichkeit auf positive Rückmeldung bereit, da es um den Vergleich mit anderen geht. Ein schwacher Schüler hat bei dieser Art der Bewertung also keine Chance auf positives Feedback, so sehr er sich auch anstrengt. Starke Schüler können daraus jedoch viel Motivation holen, und anscheinend sollte man auch nicht ganz auf diesen objektiven Vergleich verzichten, da Schüler ohne ihn die „Orientierung“ verlieren, wo sie denn eigentlich stehen. Entsprechende Auskünfte werden sogar eingefordert.

    Die sachliche BNO schließlich, soweit ich sie verstanden habe, hält auch Möglichkeiten für den Instrumentalunterricht bereit. Man stellt eine Aufgabe (Stück X im Tempo Y) und schaut, ob sie erfüllt ist oder nicht. Da besteht dann die Kunst darin, für jeden Schüler den richtigen Schwierigkeitsgrad zu erwischen, nämlich dass er die Aufgabe mit Anstrengung erfüllen kann.

    Es ist eine äußerst spannende Frage, wie die Rückmeldung beschaffen sein muss, um zu motivieren…

    Herzliche Grüße,
    Regine

    • Liebe Regine,
      vielen Dank für Deine so aufschlussreichen Erläuterungen! Gut durchdachtes und motivierendes Feedback zu geben ist wirklich eine sehr anspruchsvolle Aufgabe, die sehr große Auswirkungen haben kann!
      Das mit dem „Groß“ denken in Bezug auf die Lernfähigkeit unserer Schüler kann ich nur bestätigen, denn unsere „Erwartungshaltung“ überträgt sich eben auch auf unbewusster Ebene! Was den von Dir angesprochenen objektiven Vergleich betrifft: Die Schüler haben bei jedem Klassenvorspiel automatisch einen Vergleich, eine Möglichkeit der eigenen Standorteinschätzung. Das lässt sich nicht vermeiden, ist aber auch nicht „ungesund“, wie ich finde. Es kommt immer darauf an, wie man darauf reagiert, wenn Kinder (oder Eltern) stark unterschiedliche Leistungen zur Sprache bringen. Hier ist mir immer wichtig, darauf hinzuweisen, dass das Kind, das so toll gespielt hat, auch sehr fleißig geübt hat. Das soll nicht heißen, dass ich die Begabung herunterspielen möchte, keineswegs. Ich möchte nur vermitteln, dass man mit Begabung alleine nicht so toll spielen kann, sondern dass da auch ganz viel disziplinierte Arbeit dahintersteckt!
      Herzliche Grüße,
      Andrea

  2. Liebe Andrea,
    Was für ein wichtiges Thema hast du da angesprochen!
    Ich denke, die wichtigste Voraussetzung ist, dass die Schüler die Sicherheit haben, dass sie von uns Lehrern, unabhängig von ihrem Können, geachtet und gemocht werden. Dass die Sympathie nicht durch ihr Können beeinflusst wird! Das ist die eine Säule und die andere ist die Ehrlichkeit, die Verlässlichkeit. Dass die Schüler wissen, dass die Äußerung des Lehrers immer ehrlich ist. Wenn sie sich angenommen fühlen, beflügelt ein Lob und sie können aber auch mit eventueller Kritik umgehen, weil die Basis nicht verletzt wird: dass sie wertgeschätzt sind.
    Die Begabung eines Schülers ist auch für uns Lehrer ein Geschenk- es lässt sich da natürlich leichter unterrichten! Doch ich persönlich freue mich immer ganz besonders mit dem Schüler, wenn ich feststellen kann, wie er sich eingesetzt hat, um das gute Ergebnis zu erreichen. Wenn er sich bemüht hat, den Übevorschlag konsequent umzusetzen und nun toll spielt! Das Ergebnis ist nicht nur gutes Spiel, sondern echte Freude, die durch dieses Durchbeissen, Durchhalten erreicht wird. Und die erfüllt Schüler UND Lehrer. Ich denke, das beflügelt dann auch den Schüler, weil er erlebt, dass durch seine eigene Arbeit so ein Gefühl der Freude entstehen kann.
    Liebe Andrea, danke für deine wichtigen Gedanken jede Woche!
    Herzliche Grüße, Iris

  3. Danke für diesen aufschlussreichen Beitrag! Für mich ist beim Loben auch ganz wichtig, dass ich immer in persönlicher Sprache spreche – also ein „Das hast du gut gemacht!“ umformulieren in ein „Ich finde, das hast du gut gemacht!“. Durch diesen Zusatz nehme ich mich aus der autoritären Rolle desjenigen, der über Verhalten und Eigenschaften des Kindes richtet. Diese persönliche Sprache lässt damit auch Raum für alternative Meinungen (z.B. wenn das Kind eigentlich nicht findet, dass es „das gut gemacht“ hat). Und ich möchte nur dann Loben, wenn ich das Lob nicht instrumentalisiere, sondern wirklich ehrlich meine was ich sage. Einen erhellenden Artikel zum Thema Lob aus Sicht der bindungs- und bedürfnisorientierten Erziehung war für mich der folgende:
    https://www.online-familienberater.de/2023/02/16/kinder-loben-aber-richtig/

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