Verschiedene Wege, ein Problem zu lösen
Es ist ein schöner Morgen, die ersten Sonnenstrahlen kommen gerade hinter dem Berg hervor. Ich sitze in meinem Arbeitszimmer und mein Blick schweift zum Fenster hinaus in Nachbar’s Garten. Dort tummeln sich die drei Hunde des Nachbarn. Ein großer, der schon etwas alt zu sein scheint, ein mittelgroßer und ein kleiner quirliger. Wie es aussieht, möchten sie alle drei gerne zurück ins Haus, aber sowohl die Terrassentüre als auch die seitliche Eingangstüre sowie die Garagentüre sind verschlossen. Was machen nun die Hunde, wie lösen sie ihr Problem?
Das Gewohnheitstier
Der große und wahrscheinlich älteste der drei Vierbeiner wandert immer wieder von einer Türe zur anderen, um nachzusehen, ob sich nicht vielleicht doch eine der Türen öffnet. Er kennt alle Türen und weiß, dass sich irgendwann eine öffnen wird. Also verlässt er sich auf seine Erfahrung und wandert zwischen den Türen hin und her, bis sich eine öffnet und sich somit sein Problem gelöst hat.
Der Nachahmer
Der kleine quirlige Hund beobachtet den großen und macht ihm alles nach. Er wieselt ständig hinter diesem her und umkreist ihn. Offensichtlich kommt er gar nicht auf die Idee, selbst nach einer Lösung zu suchen. Sicher hat er schon oft die Erfahrung gemacht, dass er durch das Nachahmen des „großen Bruders“ sein Problem lösen konnte.
Der Taktiker
Was macht der dritte Hund? Er sucht sich einen Platz, von dem aus er alle drei Türen im Blick hat. Dort legt er sich hin und beobachtet. Sobald sich eine der drei Türen öffnet, rennt er los.
Ein Problem lösen
Warum schreibe ich das hier? Beim Beobachten dieser Szene kommt bei mir die Frage auf: Wie gut kenne ich eigentlich die Problemlösungsstrategien meiner Schüler? Sind sie mir bewusst? Gehe ich im Unterricht auf die Lösungsstrategien meiner Schüler ein, oder will ich ihnen meine eigenen Lösungsstrategien „aufdrängen“? Kann ich meinen Schülern eine Strategie, die ihr Problem definitiv nicht lösen wird, bewusst machen? Kann ich sie dahin leiten, wo sie für sich selbst einen anderen Weg suchen und finden, der sie wirklich zum Ziel führt? Wie genau mache ich das?
Wie halten Sie es in Ihrem Unterricht? Wie viel Spielraum geben Sie Ihren Schülern, eigene Problemlösungen zu finden? Auch wenn sie dann vielleicht nicht auf dem schnellsten Weg zum Ziel kommen, dafür aber gelernt haben, selber einen Weg zu finden? Ab wann und wie greifen Sie ein, wenn etwas nicht funktioniert? Oder ist das gar kein Thema bei Ihnen im Unterricht, und sie geben den Kindern von vornherein Ihre wohldurchdachten Lösungsstrategien mit auf den Weg, was natürlich vollkommen berechtigt ist, weil Sie einfach wissen, dass diese effizient sind und ganz sicher zum Ziel führen?
Über einen Erfahrungsaustausch zu diesem Thema hier im Kommentar würde ich mich sehr freuen!
Herzlichst,
Ihre Andrea Holzer-Rhomberg
Liebe Andrea, das ist wirklich eine gute Frage Danke auch für das anschauliche Beispiel mit den Hunden.
Ich, für meinen Teil versuche immer durch gezielte Fragen an die Lösung heranzuführen.
Z.B.: „Wo ist das Problem? Liegt es an der Geschwindigkeit? Oder hat der Bogen ein Problem? Oder ist es vielleicht der Lagenwechsel?“ usw.
Es ist nicht ganz leicht Suggestivfragen zu vermeiden….
Dann versuche ich so offen wie möglich die Antwort der Schüler zu hören.
Ich liebe es, mich mit einer Antwort überraschen zu lassen – eine Sichtweise einnehmen zu können die mir bisher verborgen war.
Soweit die Theorie – die Praxis ist leider nicht immer so glatt…
Alles Liebe
Angelika
Liebe Angelika,
vielen Dank für Deinen Kommentar! Ja, in der Praxis geht nicht immer alles so leicht, wie man es sich in der Theorie vorstellt, das ist klar. Aber Deine analytischen Fragen bringen die Kinder auf jeden Fall zu genauerem Beobachten ihres eigenen Tuns und somit auf den Weg, eigenständig Lösungswege zu suchen und auch zu finden. Das ist sicher ein längerer Prozess, der sich aber mehr als lohnt, führt er die Kinder doch in eine Selbständigkeit und ruft somit das Gefühl von Selbstwirksamkeit hervor!
Herzliche Grüße,
Andrea
Liebe Andrea,
danke für dieses schöne Beispiel mit den Hunden.
Ich bemerke immer wieder, dass es sehr davon abhängt wie kommunikativ ein*e Schüler*in ist. Bei den kommunikativen ist es ziemlich einfach Fragen zu stellen und die Kinder ein wenig in die Richtung zu lenken oder an deren Denkansätzen teilzuhaben und so ins Gespräch über die Lösungsansätze zu kommen.
Schwieriger wird es bei den Kindern, die sehr schüchtern sind. -Vielleicht nicht so ein Selbstbewusstsein haben und bei denen zu viele Fragen manchmal noch mehr verunsichern.
Mit diesen Kindern muss ich einen sehr anderen Unterrichtsstil wählen.
In solchen Situationen kann das Musizieren im Duett der beste Weg sein.( Also das Nachahmen…..). Dann beginnen die Kinder oft von alleine zb die Intonation zuverbessern oder plötzlich ist es für sie ganz einfach zu verstehen, warum man im Rhythmus spielen muss.
Nach diesem musikalischen Erlebnis versuche ich bei diesen weniger kommunikativen Kindern auf gelungene Stellen hinzuweisen und frage, was sie selbst noch verbessern wollen. So kommen wir dann manchmal ins Gespräch. Meist erst im letzten Drittel der Stunde.
Herzliche Grüße, Christine
Liebe Christine,
vielen Dank für das Teilen Deiner so feinfühligen Art des Unterrichtens! Ja, die Kinder sind so unterschiedlich und haben dementsprechend unterschiedliche Bedürfnisse und Herangehensweisen! Da braucht es von Lehrerseite wahrlich großes Einfühlungsvermögen und einen bunten Strauß an Methoden, um alle Kinder bestmöglich zu fördern!
Liebe Grüße,
Andrea