Hatten Sie einen guten Start ins neue Musikschuljahr? Am Anfang einer neuen Unterrichtsperiode gibt es immer sehr viel zu erledigen, sowohl was die ganze Unterrichtsorganisation betrifft, als auch was die pädagogische Vorbereitung anbelangt.
Ich nehme an, dass der organisatorische Teil wie die Schülereinteilung und die Stundenplangestaltung bereits hinter Ihnen liegt, und Sie sich nun mit neuem Elan nach der Sommerpause Ihren Schülern und deren Weiterentwicklung zuwenden können, was ja eigentlich das Schöne an diesem Beruf ist. Und um diesen Teil soll es im heutigen Blogartikel gehen.
Lernschritte festlegen
Eine sehr schöne Aufgabe ist es immer wieder, mit Schülern individuell neue Lernschritte festzulegen. Was möchte das Kind im neuen Musikschuljahr Neues lernen? Wie können wir komplexere Lernschritte in kleinere Teilschritte zerlegen, sodass auf dem Weg zum Ziel immer wieder kleinere Erfolgserlebnisse möglich sind? Was für Literatur eignet sich für welchen Lernschritt gut? Habe ich genügend Material, um – falls es notwendig ist – auch länger bei einem Lernschritt zu bleiben, ohne dass es für das Kind langweilig wird? Je länger man unterrichtet, desto mehr Notenmaterial hat man wahrscheinlich für diesen Zweck angesammelt. Ein Austausch untereinander oder ein Literaturtreff kann hier sehr hilfreich sein, besonders für jene Kolleginnen und Kollegen, die erst am Anfang ihrer Unterrichtslaufbahn stehen.
Anreize zum Üben bieten
Immer wichtiger wird in unserer Zeit die Aufgabe der Pädagogen, Anreize zum Üben zu schaffen. Die Kinder sind heutzutage meist zeitlich so ausgelastet mit Schule, Nachmittagsbetreuung, Freizeitprogrammen und wer weiß was noch alles. Den Rest der Zeit „übernehmen“ dann noch die sozialen Medien. Da wird es zunehmend herausfordernder, einen kontinuierlichen Lernfortschritt durch regelmäßiges Üben zu erzielen. Wie gesagt: Ohne regelmäßiges Üben nützt der beste Unterricht nichts, da sich die Lerninhalte ohne Wiederholung im Gehirn nicht richtig verankern können. Im schlimmsten Fall vergeht das ganze Musikschuljahr, ohne dass das Kind nennenswerte Fortschritte verzeichnen könnte. Das wollen wir natürlich alle nicht. Wie können wir also hier Anreize schaffen, sodass die Kinder von sich aus motiviert sind, regelmäßig zu üben?
Auftritte, Wettbewerbe, Übe-Challenges, ...
Was meine Schüler und Schülerinnen immer am meisten motiviert hat, waren Auftritte: Vom Klassenabend über Großkonzerte der Musikschule bis hin zu musikalischen Umrahmungen von Veranstaltungen wie Vorträgen oder Events außerhalb der Musikschule. Wenn die Kinder und Jugendlichen so einen Termin vor Augen hatten, waren sie immer motiviert, zu üben. Dasselbe gilt für Wettbewerbe. Das sind tolle Meilensteine, an denen die jungen Musiker und Musikerinnen sich mit anderen messen und über sich selbst hinauswachsen können. Das gibt einen ungeheuren Motivationsschub.
Was macht man aber mit Kindern, die Auftritts- und Wettbewerbssituationen eher fürchten und meiden? Manche Kinder müssen ja zuerst eine ordentliche Portion Selbstsicherheit „tanken“, bevor sie sich bereit für einen Auftritt fühlen. Wie wär’s mit einer kleinen „Challenge“? Das muss ja nicht gleich eine 100-Tage Übe-Challenge sein, die natürlich sehr empfehlenswert ist, aber für manche am Anfang einen etwas „zu hohen Berg“ darstellen könnte. Eine „kleinere“ Challenge lässt sich zu nahezu jedem Unterrichtsthema entwickeln. Mit „kleiner“ meine ich etwa eine Zeitdauer von etwa 5 bis 6 Wochen, in denen man sich speziell einem bestimmten Thema widmet. Für jede Woche gibt es eine konkrete Aufgabe zu diesem Thema. Themen könnten z. B. sein: Stricharten, oder auch nur eine bestimmte Strichart: Welchen Klang erzeuge ich damit? Wie setze ich sie um (Übungen dazu), wo wende ich sie an? Wie kann ich sie differenzieren? …
Andere Themen könnten sein: jegliche Art von Spieltechnik, z. B. Vibrato, natürliche und künstliche Flageoletts, aber auch Themen wie Klangqualität, Intonation, Phrasierung, die natürlich bei jedem Kind an die jeweilige Lernstufe angepasst werden müssen. Wichtig ist, dass die wöchentlich gestellte Aufgabe sehr konkret und auch messbar ist. Ein Merkblatt mit den wichtigsten Inhalten zur jeweiligen Aufgabe rundet das Ganz ab. Dann können die Kinder bei Bedarf auch nachsehen. So könnte man ein ganzes Musikschuljahr sehr sinnvoll planen, und man würde wahrscheinlich selber staunen, was da im Laufe eines Jahres alles möglich ist.
Gemeinsam lernen und wachsen
Am schönsten ist es, wenn man eine solche Challenge mit einer Gruppe von Kindern oder sogar mit der ganzen Klasse macht. Da können sich die Kinder auch untereinander austauschen, sich gegenseitig ihre Fortschritte zeigen, sich aber auch bei Schwierigkeiten gegenseitig unterstützen. Eine sehr beliebte Challenge ist es auch, gemeinsam ein Musikstück zu lernen. Jede Woche wird eine technisch oder musikalisch herausfordernde Stelle genau studiert und geübt. Vielleicht haben Sie ja ein paar Kinder in Ihrer Klasse, die unbedingt den Csardas von Monti oder ein anderes attraktives Musikstück spielen möchten? Dann bereiten Sie dies doch als Challenge mit konkreten und messbaren Wochenaufgaben auf, Sie werden staunen, was für Fortschritte da in relativ kurzer Zeit machbar sind!
Wie haben Sie Ihr Musikschuljahr geplant? Was für Anreize zum Üben geben Sie Ihren Schülern und Schülerinnen? Wie genau gehen Sie da vor? Über einen Austausch in den Kommentaren würde ich mich sehr freuen.
Herzlichst,
Ihre Andrea Holzer-Rhomberg