Mit der 3-Minuten-Methode zu guter Spieltechnik
Haben Sie schon einmal von der 3-Minuten-Methode gehört? Hier geht es um nichts anderes, als dass man durch kurzes aber regelmäßiges Befassen mit einer bestimmten Thematik irgendwann „Meisterschaft“ erlangt. Diese Methode eignet sich hervorragend, um eine solide Spieltechnik auf dem Instrument auszubilden. Wie wir sie konkret im Unterricht und beim Üben anwenden können, darum geht es in diesem Beitrag.
Anwendung im Unterricht
Die 3-Minuten-Methode eignet sich sehr gut für Schüler und Schülerinnen, die schon aus dem Anfängerstadium herausgewachsen sind und sich eine solide Spieltechnik erarbeiten möchten.
Erst überlegen wir gemeinsam, woran wir arbeiten möchten. Das kann z. B. sein: Intonation, Fingerfertigkeit, Koordination, Bogentechnik, Vibrato, Lagenspiel, Lagenwechsel und dergleichen. Anschließend suche ich zu jedem dieser Themen passende Übungen aus, die kurz und prägnant und variierbar sind. Man hat bei den heutzutage zeitlich sehr eingeschränkten Unterrichtszeiten an unseren öffentlichen Musikschulen kaum mehr die Möglichkeit, das gute, bewährte aber sehr umfangreiche Etüdenmaterial der früheren herausragenden Violinpädagogen zu verwenden. Die spieltechnischen Übungen müssen kurz und prägnant auf den Punkt gebracht werden. Zudem sollten sie variierbar sein, sodass jedes Mal eine andere „Kombination“ trainiert werden kann.
Beispiele:
Pro Woche wähle ich meist vier Spieltechniken aus, die trainiert werden. Der zeitliche Aufwand für diese vier verschiedenen spieltechnischen Bereiche beträgt dann nicht mehr als 12 Minuten, der Rest der Unterrichtseinheit verbleibt für das Erarbeiten bzw. Spielen von Musikstücken, solistisch und/oder kammermusikalisch.
Erster Bereich: Intonation
Für diesen Bereich spielen wir meist das Lagenkletterspiel (näheres dazu in diesem früheren Artikel). Ich lasse die Schüler meist nur soviel davon spielen, wie sie in 3 Minuten klangvoll und mit reiner Intonation schaffen. Das steigert sich dann von Woche zu Woche, bis sie die ganze Sequenz bis zur 7. oder 8. Lage auf jeder Saite problemlos in 3 Minuten durchspielen können. Variationsmöglichkeiten: Verschiedene Tonarten, verschiedene Stricharten, Geschwindigkeit. So kann mithilfe des Lagenkletterspiels nicht nur Intonation, sondern auch Fingerfertigkeit und Koordianation, später auch Stricharten geübt werden.
Zweiter Bereich: Bogentechnik
Bei der Bogentechnik beginne ich meist mit einer Tonleiter über eine Oktave, auf die dann alle möglichen Stricharten angewendet werden. Bei Spiccato oder Sautillé kann man mit unterschiedlich vielen Tonwiederholungen variieren, bei Détaché- und Martélé-Strichen kann man an unterschiedlichen Bogestellen und an unterschiedlichen Kontaktstellen üben, um zu variieren. Ebenfalls kann man wöchentlich die Tonart wechseln und – wenn schon eine gewisse Routine da ist – das „Spiel“ auf 2- oder 3-oktavige Tonleitern erweitern.
Dritter Bereich: Vibrato
Auch hier beginne ich bei einer Aufgabe, die für den Schüler auf jeden Fall zu bewältigen ist, z. B. nur eine oder zwei Schwingungen pro Bogenstrich, dies aber 4 Bogenstriche lang. Je besser diese Bewegungsabläufe funktionieren, desto mehr Schwingungen kann man dazunehmen und das Tempo steigern. Weitere Variationsmöglichkeiten: Auf verschiedenen Saiten und in verschiedenen Lagen üben.
Vierter Bereich: Lagenspiel und Lagenwechsel
Das Lagenspiel wird meist gleichzeitig mit der Intonation am Lagenkletterspiel trainiert. Bei dieser Übung bekommen die Kinder ein sehr gutes Gefühl für das Spiel innerhalb einer Lage. Sobald die Schüler sich innerhalb der einzelnen Lagen einigermaßen zurechtfinden, üben wir die Lagenwechsel. Beim Lagenwechsel gehe ich immer vom Intervallhören aus. So arbeiten wir uns Woche für Woche in kleinen Etappen durch die verschiedenen Intervalle durch. Wir trainieren also immer gleichzeitig die Spieltechnik und das Gehör!
Anwendung bei jüngeren Schülern
Im Anfängerunterricht wende ich im Prinzip die gleiche Methode an, nur mit den elementaren Fähigkeiten und Fertigkeiten. Die einzelnen Bereiche lauten hier: Streichen, Rhythmische Übungen, Solmisation, Greifen, Blattspiel. Ja, ich beginne bereits ganz am Anfang mit den Kinder, Noten vom Blatt zu spielen. Das üben wir immer am Ende jeder Lektion für drei Minuten. Die meisten meiner Anfänger freuen sich regelrecht auf das Blattspieltraining am Schluss der Stunde, denn dieses beschert ihnen meist noch ein weiteres Erfolgserlebnis, bevor sie nach Hause gehen.
Fazit
Mit der 3-Minuten-Methode, dieser Art des kontinuierlichen Aufbaus einer soliden Spieltechnik, mache ich seit vielen Jahren sehr gute Erfahrungen. Die Schüler haben ein kurzes (maximal 12 Minuten langes) Technikprogramm, das sich sehr gut in das häusliche Üben integrieren lässt. Die 3-Minuten-Methode bringt durch die unzähligen Variationsmöglichkeiten viel Abwechslung ins Üben und fördert gleichzeitig auch noch die Flexibilität. Man ist in wenigen Minuten optimal eingespielt, und danach bleibt noch genügend Zeit, um Literatur zu spielen. Außerdem erleben die Kinder auf diese Weise ganz schnell ihren eigenen Fortschritt. Oft entwickelt sich dadurch sogar so etwas wie ein „sportlicher Ehrgeiz“. Ist doch toll, wenn man ein schnelles Stück im Sautillé spielen kann!
So viel für heute zu diesem Thema. Sicher haben auch Sie ganz viele gute Tipps zum Aufbau einer soliden Spieltechnik. Über Ihre Tipps und Erfahrungen, die Sie – wie immer – im Kommentar hinterlassen können, würden die gesamte Leserschaft und ich mich sich sehr freuen!
Herzlichst,
Ihre Andrea Holzer-Rhomberg
Liebe Frau Holzer-Rhomberg,
vielen Dank für die Anregungen. Bisher mache ich meistens Einspielübungen, die sich aus den zu erarbeitenden Stücken ergeben. Ich nehme als Vorgabe keine Minuten, sondern eine Anzahl von Wiederholungen. Ihr Artikel motiviert mich, die Übungen zu erweitern. Die Zeit zum Üben bei den Schülerinnen und Schülern ist ja immer knapper geworden, weshalb konzentrierte und durchdachte kurze sinnvolle Übungen eine notwendige Alternative sind.
Ein ganz anderes Thema, das vielleicht irgend jemanden interessieren könnte:
Ich musste mich einer Operation unterziehen und deshalb fiel mein Unterricht eine Zeit lang aus. Damit meine Schülerinnen und Schüler in dieser „unterrichtsfreien Zeit“ dennoch zur Geige greifen, habe ich ihnen die Aufgabe gegeben, ein Übeprotokoll anzufertigen: Wann geübt, was geübt, wie lange geübt, was war schwierig, das Stück im Internet angehört? Ich war sehr gespannt auf das Ergebnis. Es hat ganz gut funktioniert und einige fanden es sogar interessant, einen Überblick über ihr Übeverhalten zu kriegen.
Schöne Grüße und bleiben Sie am besten alle gesund
Irmgard Fliegner
Liebe Frau Fliegner,
ich hoffe, Sie haben sich wieder gut erholt!
Das mit dem Übeprotokoll ist eine sehr gute Idee! Das werde ich auch ausprobieren, das kann man ja auch in einer ganz normalen Unterrichtswoche machen! Es hilft den Schülern sicher, einen Überblick über ihr eigenes Übeverhalten zu bekommen!
Liebe Grüße,
Andrea Holzer-Rhomberg
danke fürden interessanten Artikel!
Ich versuche den Unterrichtsstoff in vier Themenbereiche zu teilen, die unterschiedlich gewichtet werden können, je nach Bedarf, die aber doch möglichst immer alle vorkommen sollten, sowohl im Unterricht als auch zu Hause beim Üben.
1. Tonleiter mit verschiedenen Strichen; 2. Übungen (kurz und knapp als „Geschicklichkeitsspiel“, wie „Muster“ und variierbar oder „entwickelbar“; 3. Stücke und Lieder, neue und alte, Musizieren. 4. Blattspiel bzw. Spiele zum Notenlesen.
So kommt viel Abwechslung und Bewegung in den Unterricht.
Liebe Grüße, Regine
Liebe Regine,
das klingt in der Tat sehr abwechslungsreich! Da sind die Kinder immer wieder neu gefordert und die Aufmerksamkeit bleibt bis zum Schluß der Stunde erhalten!
Herzliche Grüße,
Andrea
Diese Methode präzisiert nicht nur den Schüler sondern auch mich als Lehrer. Und es bewährt sich.