Nachts im alten Schloss … experimentelle Spieltechniken
Es ist düster, ein Strahl des fahlen Mondlichtes huscht durch das kleine, von Spinnweben verhangene Fenster. Hinter der alten, rostigen Türe hört man ein gruseliges Seufzen, dann schwere Schritte, ein lautes Knarren und plötzlich …
Entstehen da gleich Bilder in Ihrem Kopf? Bietet sich so eine Geschichte nicht an, um mit Kindern einen Ausflug in die Welt der experimentellen Musik zu machen?
Streichinstrumente haben eine lange Tradition. Es gibt einen riesigen Fundus an Unterrichtsliteratur in traditioneller Spielweise. Langsam findet aber auch das Entdecken neuer, experimenteller Spieltechniken den Weg in die Unterrichtsräume. Warum immer reproduzieren? Kinder haben viel Fantasie. Sie haben durchaus Lust, neue Klänge auszuprobieren und selber Musikstücke und Klanggeschichten zu entwickeln.
Themen für experimentelle Spieltechniken
Was bieten sich hier für Themenbereiche an? Jedes Szenario, das mit einer Vielfalt an Klängen und Geräuschen dargestellt werden kann, eignet sich. Beim Thema „Besuch im Zoo“ kann man beispielsweise mit dem Instrument unterschiedlichste Tierlaute erzeugen. Das Thema „Gewitter“ lässt sich hervorragend vertonen: Regentropfen, Blitz, Donner, Sturm, usw. Die Geräusche eines Bahnhofes oder eine Reise ins Weltall könnten dargestellt werden. Kinder bringen da selber genügend Ideen mit.
Wie geh Ich’s an?
Erst einmal ist es doch unglaublich interessant, was für Töne, Klänge und Geräusche man einem Streichinstrument durch verschiedenste Spielweisen entlocken kann. Von Klopfen auf dem Korpus über Streichen auf oder hinter dem Steg, Glissandi in allen Varianten, Tremoli an allen möglichen Kontaktstellen, Kratz- und Wisch-Geräusche aller Art, bis hin zum hochentwickelten traditionellen Spiel auf dem Streichinstrument, wie wir es gewohnt sind.
Probieren Sie mit den Kindern erst einmal viele Spielmöglichkeiten und Motive aus. Dann geht es an das Konzipieren der Geschichte. Längere Geschichten könnten durch „Stationen“ dargestellt werden, denen die jeweiligen Musikmotive, Klänge, Geräusche zugeordnet sind. Bei solchen Klanggeschichten kann wunderbar unsere traditionelle Spielweise mit den experimentellen Spieltechniken verschmolzen werden. So ein Klanggeschichten-Projekt, an dem mehrere Kinder beteiligt sind, könnte doch das Highlight Ihres nächsten Schülervorspiels werden!
Notenmaterial
Für diejenigen unter Ihnen, die doch lieber gerne auf gedrucktes Notenmaterial zurückgreifen: Es gibt mittlerweile schon einige Kompositionen für den Unterricht, in denen experimentelle Spieltechniken zum Einsatz kommen. In diese Sparte fällt auch das Stück „Nachts im alten Schloss“, das ich für unser Kinderorchester „Ministrings“ geschrieben habe. Es ist ganz neu vom Musikverlag Holzschuh herausgegeben worden. Nähere Informationen dazu finden Sie hier. In diesem Stück kommt unter anderem ein Glissando von hohen Tönen abwärts vor, das mit großem Vibrato ausgeführt wird. Es soll wie ein gruseliges Gelächter klingen. Das Cello produziert knarrende Geräusche, indem der Bogen am Frosch auf einer Saite ganz nah beim Steg aufgesetzt und dann mit Druck zum Griffbrett hin gezogen wird. Diese und noch andere experimentelle Spieltechniken kommen in diesem Stück, das ich Ihnen für ein experimentierfreudiges Ensemble sehr ans Herz legen möchte, zum Einsatz.
Nun wünsche ich Ihnen und Ihren Schülern viel Inspiration und Experimentierfreude!
Herzlichst,
Ihre
Andrea Holzer-Rhomberg
Seit längerer Zeit bin ich auf der Suche nach Stücken mit experimenteller Spieltechnik. Ich bin noch nicht so recht fündig geworden. Wenn sie schrieben, dass es hier schon mehrere Werke auf Schülerniveau gibt, würde ich mich doch sehr über eine kleine Literaturliste freuen.
Liebe Grüße Ursula