Neue Ziele – neue Motivation
Nach den letzten Wochen im Lockdown war es bei meinen Schülern deutlich spürbar: Die Luft war irgendwie raus! Kein Ziel, keine Motivation. Manche Kinder wirkten etwas müde und energielos, während die älteren Schüler von den ganzen Umständen der letzten Wochen zum Teil richtig frustriert waren. Bei manchen hatte sich auch eine gewisse Resignation eingestellt.
Ja, diese langen Wochen des Social Distancing gehen eben nicht spurlos an den jungen Menschen vorüber. Das zehrt gewaltig an der Lebensfreude! Wo blieb die gute Laune? Wo die Lust am Lernen? Und vor allem: Was kann ich dazu beitragen, dass es wieder besser wird? Solche Gedanken begleiteten mich durch diese erste Woche Präsenzunterricht nach dem zweiten Lockdown.
Motivation
Die beste Motivation für meine Schüler waren immer meine vielen Klassenabende gewesen, wo die Schüler regelmäßig ihre neu erworbenen Skills und ihre frisch erarbeiteten Musikstücke vor Publikum präsentieren durften. Da folgte auf jede intensive Arbeitsphase immer der Höhepunkt des Konzerts mit einem schönen Erfolgserlebnis. Das spornte wieder zum Erlernen neuer Spieltechniken und neuer Literatur an. Das wirkte wie eine sich hochschraubende „Motivationsspirale“. Was aber nun, wenn keine Klassenabende und Konzerte möglich sind? Und dies womöglich noch für längere Zeit?
Neue Herausforderung
Die Schüler brauchen eine neue Herausforderung, eine neues Ziel, das neue Motivation bringt! Deshalb habe ich mit meiner Klasse eine neue „Challenge“ gestartet: Die Challenge „Klangqualität“. Es könnte genauso gut eine Challenge zu jedem anderen Thema sein, z. B. Vibrato oder Stricharten oder Fiddle-Musik, Interpretation von Barockmusik und dergleichen.
Ich habe Klangqualität deshalb als Thema gewählt, weil vor allem diese in den Zeiten des Lockdown wohl am meisten zu kurz gekommen ist. Unser aller Ohren haben wahrscheinlich darunter gelitten, dass wir leider nicht den Originalklang des Streichinstruments hören konnten, sondern nur eine von der mehr oder weniger guten Qualität der verfügbaren Internetverbindungen abhängigen „Annäherung“ an den Klang eines Streichinstruments! Wie schön, wieder den Originalklang zu hören! Vor allem bei den Schülern mit guten Instrumenten ist das ein eklatanter Unterschied!
Neues Ziel - neue Motivation
Nun zu unserer Challenge: Ziel ist, die Klangqualität – natürlich dem jeweiligen Niveau entsprechend – deutlich hörbar weiter zu entwickeln. Wie wir das überprüfen werden? Mit „Vorher- Nachher“ – Aufnahmen. Während der Challenge gibt es ganz konkrete Aufgaben, die zu besserer Kontrolle der Spielbewegungen und zu bewusster Klanggestaltung führen. Da man an der Klangqualität auf jedem Lernniveau arbeiten kann, nehmen an dieser Challenge alle meine Schüler teil. Die Ergebnisse werden selbstverständlich zu gegebener Zeit in einem Konzert präsentiert – sollte dies bis dahin immer noch nicht öffentlich möglich sein, dann in Form eines Online-Klassenkonzertes. Ich habe zwar noch nie einen Online-Klassenabend durchgeführt, aber auch diese Hürde wird zu meistern sein!
Neues Ziel – neue Motivation: Sie können sich gar nicht vorstellen, was dies für einen Motivationsschub bei meinen Schülern ausgelöst hat! Ich habe wieder das Leuchten in den Augen gesehen, die Freude am Ausprobieren, am Lernen, und auch eine ordentliche Portion gesunden „Ehrgeiz“ bei meinen fortgeschrittenen Schülern. Und – wir hatten unglaublich viel Spaß im Unterricht! Ich selber freue mich mindestens genauso auf die Durchführung dieser Challenge wie meine Schüler! Es wird auch für mich sehr spannend sein, zu sehen und vor allem zu hören, wie sich die jungen Leute weiterentwickeln!
Wie halten Sie die Motivation Ihrer Schüler hoch in dieser „speziellen“ Zeit? Sicher haben Sie als langjährige, erfahrene, oder auch als junge, innovative Instrumentallehrer viele Ideen, die Sie mit uns teilen könnten! Bitte scheuen Sie sich nicht, Ihre Ideen hier in den Kommentar zu posten! Die Leserschaft dieses Blogs und ich würden uns sehr darüber freuen!
Herzlichst,
Ihre Andrea Holzer-Rhomberg
Liebe Andrea, bei uns fängt jetzt gerade der 2. Lockdown an… Die Zeit des echten Unterrichtens dazwischen haben die Kinder und ich sehr genossen. Doch auch die erste Online-Zeit hatte ihre guten Seiten. Zum Beispiel habe ich den wöchentlichen Kontakt zu den Elternhäusern als sehr günstig für die Unterrichtssituation schätzen gelernt. Manches, das während der Online-Zeit Alltag war, haben wir auch weiterhin beibehalten. So zum Beispiel die Möglichkeit des Video-Postens in unserer Whatsapp-Gruppe. Vor den Sommerferien hatte ich zu einem Online-Vorspiel eingeladen, und die meisten Schüler haben sich eine tolle Präsentation ihres Liedes überlegt. So hatten wir „Wiede wiede wenne heißt meine Putthenne“ mit echten Hühnern, mit Singen und Hühnerfüttern und Geigen natürlich. Oder „Der Mond ist aufgegangen“ vor dem aufgehenden Vollmond gefilmt. „Es klappert die Mühle“ wurde vor einem echten alten Schwarzwälder Mühlstein gespielt. So könnte ich noch einiges aufzählen, denn alle Kinder hatten sich Gedanken gemacht, wie sie ihr Lied präsentieren wollten. Ich habe die Videos gesammelt und zu einem kleinen Film zusammengefügt. Die Whatsapp-Gruppe besteht weiterhin, und wenn jemand etwas gut spielen kann, ermuntere ich ihn, es den anderen in der Gruppe zu zeigen. Dort wird dann immer reichlich Beifall gespendet.
Eine schöne Idee, ein allgemeines Lernziel für die ganze Klasse zu wählen! Wenn man ein Ziel vor Augen hat, wird auch der Weg klar.
Danke für Ihre regelmäßigen Beiträge mit allen Hilfen (z:B. Präsentation von Zoom und viele weitere Gedanken und Überlegungen zu dieser so einschränkenden Situation) in der Corona-Zeit. Sie kamen immer im richtigen Augenblick und waren sehr nützlich. Herzlichen Dank dafür!
Liebe Grüße, Regine
Sooooo schön, die Präsentations-Ideen für das Online-Vorspiel!!!! Das hätte ich gerne gesehen!
Ganz liebe Grüße und gutes Durchhaltevermögen für den kommenden Lockdown!
Herzlichst,
Andrea
Liebe Andrea, viel Neues ist in unseren Unterricht in diesen besonderen Zeiten hereingeflossen nach dem Motto „ein- statt ausfallen lassen“ und ich finde, dass es zwar anstrengend, aber auch sehr bereichernd ist. Prima zum tiefen Luftholen war, dass es zwischendrin eine Präsenzphase gab, in der das ein oder andere online schwer Umsetzbare nachgearbeitet werden konnte. So teilen sich die Lerninhalte in Phasen, in denen bestimmte Dinge vorrangig bearbeitet werden können. Indem man dies den Schülern so mitteilt, werden auch sie bewusster dafür, was sie gerade tun.
Darüberhinaus habe ich mit meinen Schülern und auch in Zusammenarbeit mit einer sehr engagierten jungen Kollegin Aloisia Dauer das Thema „Üben“ intensiv erarbeitet mit Hilfe wöchentlicher e-Mails in einzelnen Schritten. So haben auch die Eltern die Informationen dazu bekommen und mehr Einblick, was da doch so alles dahintersteht zur Übemotivation und die Schüler wurden angeregt, sich mit diesem Thema für sich selbst intensiv auseinanderzusetzen. Aloisia macht einen interessanten Youtube Kanal „Your music mind“ mit Tipps zum Thema Üben und spannenden Interviews mit Profimusikern und einige haben es gut angenommen, da hineinzuhören in diesen ruhigeren Zeiten, in denen die Schüler mehr Zeit zu Hause verbringen. Tatsächlich hat sich bei dem ein und anderen einiges sehr positiv verändert.
Nach einiger Zeit der Übethema-Serie boten wir einen online-Workshop für unsere beiden Violinklassen an(Schüler ab ca.11 Jahren) und die Schüler gaben sehr offen ein Feedback ihrer persönlichen Erfahrungen mit dem Thema Üben und das fand ich ein sehr positives Ergebnis, besonders die Fähigkeit, sich über dieses schwierige und sehr persönliche Thema so gut und offen äußern zu können. Da passiert ganz viel auch in ihrer Persönlichkeitsbildung.
Videos aufnehmen und Filmchen basteln ist aufwändig, aber jetzt für die langen Weihnachtsferien eine gute Sache, um sie bei der Stange zu halten. Für uns Lehrer viel Herausforderndes, aber man wächst ja an seinen Aufgaben!
Auch die Anregungen hier in den Newslettern sind wirklich Gold wert, sodass die eigene Kreativität nicht müde wird und man sich immerwieder neue Ideen holen kann, herzlichsten Dank für den unermüdlichen Einsatz und Grüße!
Gabriele Kurz
Liebe Gabriele,
vielen Dank für den so ausführlichen Bericht! Das hat sich ja viel Positives getan!!!! Das ist so schön zu hören! Ja, ich denke auch, trotz all der Umstände kommt auch sehr viel Bereicherndes ans Tageslicht! Die Idee mit dem Übe-Workshop finde ich toll! Mit dem Thema Üben muss sich ja wirklich jeder einzelne irgendwann auseinandersetzen, und es ist so wertvoll, wenn Lehrer und Schüler gemeinsam an dieses Thema herangehen, um sinnvolle Wege zu finden – im Sinne von Eigenverantwortung erkennen und fördern.
Dann wünsche ich gute Gesundheit, viel Elan und viel Kreativität für den kommenden Lockdown!
Herzliche Grüße,
Andrea
Liebe Andrea,
schon seit einiger Zeit abonniere ich nun deinen Newsletter und wollte schon lange einmal für die vielen genialen Anregungen danken.
Seit dem 1.1. setze ich nun die Idee der Challenges um und veranstalte selbst mit meinen Schülern hier in Berlin Spandau eine Vibratochallenge. Heute ist Tag 6 von 10 und schon nach der Hälfte gibt es so eine unglaubliche Entwicklung bei den Schülern, was mich so sehr freut. Es hat richtig Freude gemacht die Übungen herauszusuchen oder auszudenken und in einer sinnvollen aufbauenden Reihenfolge zu ordnen.
Auch dein wunderbares Zoomeinführungsvideo war und ist sehr hilfreich in den Tagen des Lockdown. Mittlerweile hat Zoom zwar schon wieder einige Änderungen vorgenommen und leider gibt es meines Wissens bei Handys und den meisten Tablets keine Möglichkeit die Klangeinstellung zu verbessern. Insgesamt jedoch lernen alle immer besser mit dem Programm um zu gehen.
Für das neue Jahr wünsche ich dir weiterhin viel Inspiration und Ideen für das Unterrichten und natürlich für dich und deine Lieben vor allem Gesundheit. Ich freue mich schon auf den nächsten Newsletter. Herzliche Grüße aus der Hauptstadt von Christine Walter