Streicher und Bläser zusammen – geht das?
Mittlerweile gibt es an vielen Schulen Streicherklassen und Bläserklassen. Ziel ist das gemeinsame Erlernen und Erleben von Musik. Auch an Musikschulen werden die Streicher so früh wie möglich in ein Streichorchester oder -ensemble integriert. Die Bläser ihrerseits musizieren auch von Anfang an gemeinsam in verschiedensten Formationen.
Möchte man nun Streicher und Bläser zusammenführen zu einem großen Schulorchester, oder auch nur für ein einzelnes Projektkonzert, so stößt man schnell auf folgendes Problem: Die Bläser spielen in ihrem Anfangsunterricht meist in B-Tonarten, die Streicher dagegen in Kreuz-Tonarten. Auf diese Thematik wurde ich von einer Blog-Leserin, einer sehr engagierten Geigenpädagogin, erst kürzlich angesprochen: Warum werden die B-Tonarten im Streicherunterricht oft erst relativ spät eingeführt?
Physiologie der Hand
Aus physiologischen Gründen liegt es auf der Hand, dass auf Geige und Bratsche als erstes jene Griffart erlernt wird, bei der man den Halbton zwischen dem 2. und 3. Finger greift. Soweit so gut. Der nächste Schritt – die Griffart mit dem 2. Finger tief – stellt meist keine große Herausforderung dar. Auch auf dem Cello können die Tonfolgen dieser zwei Griffarten ganz unproblematisch in der engen Lage gespielt werden.
B-Tonarten auf Violine und Viola
Um nun B-Tonarten spielen zu können, muss der erste Finger nach unten, d. h. in Richtung Sattel des Instruments gestreckt werden. Die Schwierigkeit bei Geige und Bratsche ist hier vor allem, dass sich dabei Tonfolgen mit lauter Ganztonschritten ergeben können, z. B. „es-f-g-a“ auf der D-Saite in B-Dur*. Diese erfordern eine gewisse Spannweite der Hand. Das ist für kleine Kinderhände schon eine gewisse Herausforderung. Hier muss unbedingt darauf geachtet werden, dass die Hand nicht in die halbe Lage rutscht und die Finger nach oben gestreckt werden. Die Hand bleibt in der ersten Lage, und der erste Finger wird nach unten gestreckt. Zwischen dem 3. und 4. Finger dann einen Halbton zu greifen, z. B. „d- es“ auf der A-Saite, fällt den meisten Kindern nicht schwer. Infolge können die Tonarten F-Dur, B-Dur, Es-Dur, usw. erarbeitet werden und bereits in der 1. Lage gespielt werden.
B-Tonarten am Cello
Beim Cello sieht es etwas anders aus. Hier sind die Abstände größer als bei Violine und Viola. Die Streckung des 1. Fingers nach unten wird deshalb vom linken Arm unterstützt. Wenn die jungen Cellisten den „weiten Griff“ nach unten beherrschen, steht dem Spiel in den Tonarten F-Dur und B-Dur nichts mehr im Wege. Für die Tonart Es-Dur (3b) brauchen die Kinder aber bereits Erfahrung im Lagenspiel.
Passende Literatur
Wenn man also junge Streicher und Bläser zusammen musizieren lassen möchte, muss man die Literatur sehr gut nach den spielbaren Tonarten auswählen. Oft kommt man als Ensemble-Leiter nicht drum herum, selbst Musikstücke passend für das jeweilige Ensemble zu arrangieren.
Klangliche Vielseitigkeit
Ich persönlich tendiere dazu, die Kinder möglichst früh in die B-Tonarten „einzuweihen“. Mit den B-Tonarten lernen die Kinder wieder andere, neue, reizvolle Klangfarben kennen. B-Tonarten haben einen anderen Klangcharakter als Kreuz-Tonarten. Die Kinder sollen möglichst das ganze Spektrum an Klängen ihres Instrumentes kennen lernen. Und einem Zusammenspiel mit Bläserkollegen steht dann nichts mehr im Wege! Für die jungen Streicher ist es schon etwas ganz Besonderes, wenn auch Bläser im Orchester mitspielen!
Wie halten Sie’s mit den B-Tonarten in Ihrem Unterricht? Was haben Sie für Erfahrungen damit? Über einen Kommentar von Ihnen würde ich mich sehr freuen,
Ihre
Andrea Holzer-Rhomberg
* Ich nenne hier der Einfachheit halber nur die Dur-Tonarten, selbstverständlich gilt dasselbe auch für die jeweiligen parallelen Moll-Tonarten.
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