Teilen Sie gerne Ihr Fachwissen?
Teilen Sie gern Ihr Fachwissen? Ab und zu begegnet man Lehrpersonen, die um ihre didaktischen und methodischen „Rezepte“ ein großes Geheimnis machen. Meist gelten diese Lehrpersonen als sehr erfolgreich und haben in Ihrer Unterrichtstätigkeit unzählige Schüler zu Wettbewerbserfolgen geführt. Sie befürchten möglicherweise, dass sie durch das Teilen ihres Fachwissens – ihrer „Erfolgsrezepte“ – ihr „Alleinstellungsmerkmal als Lehrer mit Erfolgsgarantie bei Wettbewerben“ verlieren könnten.
Wissensbereiche erweitern
Dazu möchte ich erst einmal sagen, dass man nicht ausschließlich bei Lehrern mit Wettbewerbspreisträgern von Erfolg sprechen kann. Selbstverständlich ist es eine ganz große Leistung, Schüler auf Wettbewerbe so vorzubereiten, dass sie beim Auftritt ihre beste Leistung erbringen können, keine Frage. Aber es ist genauso ein großer Erfolg, wenn eine Lehrperson einem leistungsschwachen Kind stetige kleine Entwicklungsschritte ermöglicht. Oder wenn ein Lehrerteam eine Streicherklasse soweit bringt, dass mit guter Haltung, sauberer Intonation, musikalischem Verständnis und viel Begeisterung ein Lied gemeinsam musiziert werden kann.
Verschiedene Unterrichtsbereiche verlangen nach verschiedenen Kompetenzen. Es gibt heutzutage so viele verschiedene Formen von Instrumentalunterricht, dass es für eine Lehrperson fast unmöglich ist, in jedem dieser Bereiche gleichermaßen kompetent zu sein. Deshalb ist es gut, wenn wir immer wieder Möglichkeiten bekommen, unsere Wissensbereiche zu erweitern.
Teilen von Fachwissen
Insofern wäre es für alle Beteiligten ein Gewinn, wenn sich Lehrpersonen mit ihren Kolleginnen und Kollegen regelmäßig über didaktische und methodische sowie organisatorische und pädagogische Belange austauschen könnten. Vor allem junge Lehrer könnten sehr von der Erfahrung und dem Fachwissen ihrer älteren Kollegen profitieren. Aber auch Lehrer mit bereits langjähriger Unterrichtserfahrung könnten sich von den neuen, frischen Ideen ihrer jungen Kollegen inspirieren lassen.
Lehrer mit Gruppenunterrichterfahrung könnten Ihr Wissen an Kollegen weitergeben, für die diese Unterrichtsform noch Neuland ist. Ebenso könnten Lehrpersonen, die hauptsächlich Einzelunterricht geben, vom großen Erfahrungsschatz eines Lehrers aus dem Elementarmusikbereich Nutzen ziehen.
Raum für Austausch
Die Möglichkeit für den Austausch sollte meiner Meinung nach nicht nur auf die Pausenzeit im Lehrerzimmer begrenzt sein. Es wäre wünschenswert, diesen kollegialen Austausch an jeder Schule zu „institutionalisieren“. Das könnten reglmäßig stattfindende Fachgruppengespräche sein, beispielsweise einmal im Monat. Man könnte ein bestimmtes Thema auswählen und das fachliche Wissen sowie die persönlichen Unterrichtserfahrungen zu diesem Thema austauschen. Auch Literaturvorschläge zum gewählten Thema wären interessant.
Fragen stellen
Fragen sind immer ein guter Wegweiser. Wo funktioniert etwas nicht, wo funktioniert es dagegen gut? Was könnte der Grund dafür sein? Wie könnte eine mögliche Lösung für ein bestimmtes Problem aussehen? Motto: Vier Augen sehen immer mehr als zwei. Unter Umständen sieht ein nicht direkt involvierter Kollege eher eine Lösung zu einem Problem als man selber, wenn man mitten drin steckt. Eine Kommunikation auf Augenhöhe ist dabei eine wichtige Voraussetzung. Ziel ist es, die Qualität des Unterrichts an der Schule gemeinsam zu verbessern.
Wir-Gefühl
So ein regelmäßiger Austausch auf Augenhöhe im Team kann sehr befruchtend wirken. Andere Vorgehensweisen von Kollegen können durchaus frischen Wind in den eigenen Unterricht bringen und sehr inspirierend sein. Wenn sich eine Fachgruppe auf diese Art und Weise mit den Themen des Unterrichts auseinandersetzt, entsteht an dieser Schule ein gesundes Wir-Gefühl. Man zieht gemeinsam an einem Strang. Man übernimmt gemeinsam die Verantwortung für eine gute Unterrichtsqualität. Das wäre doch ein schönes Ziel, finden Sie nicht auch?
Auch wenn es für manchen von uns eine gewisse Hürde darstellen sollte, sein Fachwissen zu teilen: Glauben Sie mir, wenn Sie teilen, bekommen Sie auch ganz viel zurück. Das Leben ist ein stetiges Geben und Nehmen. Das Teilen von Wissen bringt uns schließlich alle in der Entwicklung voran.
Wie sieht es bei Ihnen aus? Gibt es an Ihrer Schule einen Austausch zwischen Kollegen? Wird das Wissen und die Erfahrung gerne geteilt? Über einen Kommentar würde ich mich sehr freuen!
Herzlichst,
Ihre Andrea Holzer-Rhomberg
Liebe Andrea,
das ist genau das, was ich an dir so sehr schätze: dass du dein umfassendes Wissen und deine feinfühligen pädagogischen Erfahrungen mit uns allen teilst!
Das ist etwas sehr Besonderes!
Inspiriert durch deine Anregungen zum Austausch während einer deiner Fortbildungen haben wir in München den ‚Streichersalon‘ gegründet, eine Gruppe interessierter Streicherlehrer, die sich dreimal pro Jahr treffen, um Wissen und Erfahrung auszutauschen, Streicherthemen und Literatur zu besprechen, Fragen zu stellen und Antworten zu suchen.
Erst vor zwei Tagen saßen wir wieder beieinander, und wie immer ging ich anschließend angeregt und mit neuen Ideen in den Unterricht!
Auch dein Newsletter wird von den Streichersalon-Kollegen gerne gelesen.
Vielen Dank für alles!
Herzliche Grüße
Simone
Wie schön, Simone!
Vielen Dank, dass Du auf so schöne Art und Weise meine eigene Erfahrung bestätigst! Ja, man bekommt so viel Inspiration von der gemeinsamen Auseinandersetzung mit einem Thema!
Liebe Grüße,
Andrea
Liebe Andrea,
danke für deine wöchentlichen Ideen !
Wir haben hier in Bremen seit einem Jahr einen Musikehrerstammtisch einmal im Monat !
Jeden ersten Mittwoch im Monat gibt es die Möglichkeit zum Austausch.
Lg Ursula
Liebe Ursula,
das ist doch wunderbar! Man kommt meist gemeinsam viel schneller auf Lösungswege, als wenn man immer nur als „Einzelkämpfer“ unterwegs ist!
Liebe Grüße,
Andrea
Guten Tag Andrea,
Ihr Artikel spricht mir aus der Seele. Vielen Dank dafür. Auch ich habe dies viele Jahre so erlebt, dass kein wirklich guter fachlicher Austausch möglich war. Vielleicht bringt das ja das System Musikschule mit sich. Das hat sich übrigens bei mir sehr gewandelt, als ich anfing in einer Streicherklasse mit einem Kollegen zusammen zu arbeiten. Und es war sehr befruchtend, das kann ich Ihnen sagen.
Ich möchte auch noch hinzufügen, dass es uns allen gut täte, wenn wir uns auch unseren Schülern in dieser Hinsicht öffneten. Ich kann nur aus eigener Erfahrung bestätigen, dass man damit viel mehr für sich selbst gewinnt, als man glaubt. Öffnung bringt Vertrauen mit sich, und das ist meiner Ansicht nach viel mehr wert als dieses „Geheimnis“, mit dem man dann besondere Schüler hervor bringt. Machen Sie weiter so!
herzliche Grüße
Felix Seiffert
Vielen Dank, Herr Seiffert! Es freut mich sehr, von Ihnen diese positive Bestätigung zu erhalten!
Beste Grüße,
Andrea Holzer-Rhomberg