Und jedem Anfang …
… wohnt ein Zauber inne. – Eben musste ich an dieses Sprichwort denken, als ich an der Vorbereitung für meinen Unterricht war. Immer wenn ein neues Schuljahr seinen Anfang nimmt, steigt in mir so etwas wie freudige Erwartung auf: Was werde ich in diesem Schulahr Neues dazu lernen? Wie kann ich die Qualität meines Unterrichts verbessern? Was für neue Erkenntnisse über das Lernen werde ich in diesem Jahr durch meine Schüler gewinnen?
Geben und Nehmen
Unterricht ist immer ein Geben und Nehmen. Ein lebendiger wechselseitiger Energiefluss. Instrumentalunterricht beschränkt sich niemals auf das Weitergeben von Fertigkeiten und Spieltechniken. Instrumentalunterricht betrifft immer den ganzen Menschen: Seine Gedanken- und Gefühlswelt, seine Sinnes- und Körperwahrnehmung sowie seine Kommunikations- und Interaktionsfähigkeit. Ein guter Instrumentallehrer kann nachhaltige Veränderungen im Leben eines Schülers bewirken. Er wird – im Idealfall – in seinen Schülern einen tiefen Wunsch nach voller Entfaltung und Entwicklung des eigenen Potentials wecken.
Was für Fähigkeiten sollte ein guter Instrumentallehrer entwickeln?
Ich sage hier absichtlich nicht „mitbringen“ sondern entwickeln. Sicher bringt jeder von uns die folgenden Qualitäten von Anfang an bereits mit, sonst wäre wohl unsere Entscheidung nicht für diesen Beruf gefallen. Trotzdem sind wir immer wieder gefordert, uns stetig weiter zu entwickeln. Auch wir als Lehrer „dürfen“ unser volles Potential entfalten! Wir dürfen nie selber die Lust am Lernen verlieren!
Kommunikationsfähigkeit
Als erstes würde ich die Kommunikationsfähigkeit nennen. Damit meine ich nicht nur die verbale Kommunikation, sondern auch alle anderen Aspekte der Kommunikation, wie z. B. unsere Grundeinstellungen und Werte, die wir ja – meist unbewusst – nonverbal vermitteln. Es lohnt sich, die eigene Körpersprache, Gestik und Mimik sowie deren Wirkung auf unsere Schüler zu reflektieren! Durch bewusste, achtsame und respektvolle Kommunikation können wir eine echte, ehrliche Verbindung zu unseren Schülern aufbauen. Dies ist wohl die beste Grundvoraussetzung für das Lernen.
Felxibilität
Menschen lernen auf sehr unterschiedliche Art und Weise. Wer immer in der selben Art unterrichtet, beschränkt seine eigenen Unterrichtserfolge und läuft auf längere Sicht Gefahr, sich in seinem Beruf zu langweilen. Wir sollten also nie müde werden, uns ein möglichst großes Repertiore an Unterrichtsmethoden und Verhaltensmöglichkeiten anzueignen. Nur so können wir auf jeden Schüler und auf jede Unterrichtssituation bestmöglich reagieren. Dies geht weit über Repertoirekenntnis und spieltechnisches Wissen hinaus. Lassen Sie uns also geistig beweglich und im Herzen offen bleiben, um unseren Schülern möglichst das zu geben, was sie im Moment brauchen! (Und seien wir durchaus auch ein wenig „egoistisch“ und gönnen uns selber die Freude eines abwechslungsreichen, inspirierten Unterrichts!)
Kreativität
Kreativität und Phantasie sind gefragt, wenn wir unsere Schüler auf dem Weg zu ihrem eigenen musikalischen Ausdruck begleiten. Leben Sie Ihren Schülern von Anfang an einen kreativen Umgang mit „Problemen“ vor, aber geben Sie nicht alle Lösungen vor. Servieren Sie Ihren Schülern nicht alles auf dem Silbertablett! Versuchen Sie stattdessen lieber, gezielte Fragen zu stellen. Fragen, die Ihre Schüler anregen, selber aktiv zu werden, selber nach Lösungen zu suchen, selber nach ihrem eigenen Ausdruck zu suchen.
Dies sind natürlich nur einige der Qualitäten, die ein Instrumentallehrer mitbringen und stetig weiterentwickeln sollte, aber – wie ich finde – sehr wichtige. Da sich die Musikschul-Landschaft ja rasant verändert, sind wir immer wieder vor neue Situaionen gestellt, die es – möglichst mit Bravour – zu bewältigen gilt. Also lassen Sie uns offen und neugierig bleiben, lassen Sie uns auf Neues eingehen, und etwas Gutes daraus machen!
Ich bin jedenfalls schon wieder gespannt, was mir das neue Schuljahr an besonderen Herausforderungen bereithält, und was ich alles dazu lernen darf. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen einen guten Start!
Herzlichst,
Ihre Andrea Holzer-Rhomberg
Über einen Kommentar würde ich mich sehr freuen!
Ganz toll! Herzlichen Dank für die schöne, motivierende und sehr nachdenkliche Zeilen! Herzliche Grüße aus Heidelberg!
Vielen Dank, Antonina!
Etwa seit den letzten Pfingstferien lese ich den Newsletter und habe auch schon in einige alte reingeschaut. Da man als Instrumentallehrer meist mit sich selbst und den Schülern alleine ist, finde ich die Rundbriefe wirklich immer sehr inspirierend, hilfreich und zum Nachdenken anregend. Ganz konkret hat mir ganz banal der „Ausleihzettel“ geholfen, da ich ständig Noten oder Zubehör verleihe und nur schlampig oder gar nichts notiert hatte und danach dann auf der Suche nach den vermissten Dingen war. Im Moment stehen 15 verliehene Sachen darauf…
Auch der neueste Newsletter bestärkt mich wieder sehr, da ich gerne neue Schulen und Methoden ausprobiere (so wunderbar der Fiedel Max aufgebaut ist, brauche ich doch dringend auch Abwechslung). Dabei lerne ich selbst zwar dazu, mache aber natürlich auch Erfahrungen, was nicht so gut funktioniert – und das bedeutet, dass der Schüler meine neuen Versuche „ausbaden“ muss. Wenn ich mit gut bekannten Violinschulen oder Methoden arbeite, passiert das doch wenig und deshalb habe ich manchmal ein schlechtes Gewissen, wenn ich schon wieder was Neues ausprobiere. Daher danke schön für die positive Wertung des Erkundens von unbekanntem Terrain!
Liebe Frau Huber,
vielen Dank für Ihren so ausführlichen Kommentar! Ich glaube, jeder Schüler darf sich glücklich schätzen mit einer Lehrperson, der es ein Anliegen ist, selber immer noch Neues dazu zu lernen, um den Unterricht immer noch mehr zu verbessern!
Liebe Grüße,
Andrea Holzer-Rhomberg