Welches ist die beste Instrumentalschule?
Gibt es eine „beste Instrumentalschule“? Heutzutage können wir aus einer großen Anzahl an verschiedenen Lehrwerken für den Streicherunterricht auswählen. Suzuki, Sassmannshaus, Sheila Nelson, Fiedel-Max, Essential Elements, All for Strings, um nur einige zu nennen. Für welche soll man sich denn nun entscheiden? Gibt es überhaupt ein „bestes“ Unterrichtswerk? Eines, das für alle Schüler gleichermaßen „funktioniert“?
Wir Menschen sind ja alle unterschiedlich und das zeigt sich selbstverständlich auch beim Erlernen neuer Fähigkeiten und Fertigkeiten. Auch das Alter des Lernenden spielt dabei eine nicht unwesentliche Rolle und sollte bei der Auswahl einer passenden Instrumentalschule unbedingt berücksichtigt werden. Unabhängig davon gibt es aber ein paar Grundvoraussetzungen, die uns allen – so unterschiedlich wir auch sind – das Lernen enorm erleichtern können.
Kriterien für eine gute Instrumentalschule
Das „eine beste“ Unterrichtswerk, das für alle Schüler gleichermaßen funktioniert, gibt es natürlich nicht. Das wäre eine Illusion. Aber es gibt bestimmte Kriterien, die ein „gutes“ Lehrwerk ausmachen:
- Es sollte den Lernenden auf mehreren „Kanälen“ ansprechen und fordern: Motorisch, Emotional und Intelektuell. Die Kinder sollen mit Körper, Geist und Seele in den Lernprozess eingebunden sein. Sie dürfen ausprobieren, bewegen, ertasten, erfühlen, singen, spielen, hören, sehen, mit Emotionen verbinden, aufschreiben, lesen, …
- Es sollte anschaulich sein: Ein Bild sagt oft mehr als tausend Worte. Bilder oder Metaphern lassen sich gut einsetzen für musikalischen Ausdruck, aber auch für das Bewegungslernen am Streichinstrument. Besonders sehr junge Kinder sprechen auf Bilder und Geschichten sehr gut an.
- Es sollte in kurzen und prägnanten Lernschritten vorangehen: Ausgehend von bereits Bekanntem zu Neuem, Unbekanntem.
- Immer nur 1 neuer Lernschritt, nicht mehrere auf einmal.
- Die Lernschritte sollten in einem sinnvollen Lernzusammenhang stehen.
- Das Lernziel sollte für die Schüler erkennbar und erreichbar sein. Das ermöglicht immer wieder neue Erfolgserlebnisse. Es weckt die Neugier und steigert die Motivation für den nächsten Lernschritt.
- Die Musikstücke sollten die Schüler ansprechen.
Die Rolle des Lehrers
Die Wahl einer geeigneten Instrumentalschule kann einem Lehrer sicher einen Teil der Vorbereitungsarbeit abnehmen. Trotzdem wird die Qualität des Unterrichts immer davon abhängen, wie der jeweilige Lehrer das Lehrwerk einsetzt. Wie kreativ er die Ideen daraus umsetzt. Wie flexibel er im Unterricht ist, ohne den roten Faden zu verlieren. Und – vor allem – wie er den Funken seiner Liebe zur Musik und zum aktiven Musizieren auf seine Schüler überspringen lässt!
Reflektieren Sie immer wieder einmal Ihren eigenen musikalischen Werdegang: Was hat Sie angetrieben, zu musizieren? Was haben Sie daran geliebt? Was lieben Sie heute daran? Erhalten Sie sich diese Quelle der Freude an der Musik, denn nur so können Sie diese Freude auch an Ihre Schüler weitergeben. Und diese Freude lässt Sie auch den Unterricht immer wieder von neuem lebendig gestalten und für Ihre Schüler zu einer wichtigen Lebenserfahrung werden.
Erst an zweiter Stelle kommt das Lehrwerk. Nach was für Kriterien wählen Sie die Instrumentalschule für Ihre Schüler aus? Haben sie bestimmte „Lieblings-Unterrichtswerke“? Oder lieben sie die Abwechslung? Ihre Erfahrungen diesbezüglich würden mich sehr interessieren. Über einen Austausch mit Ihnen darüber würde ich mich sehr freuen!
Herzlichst,
Ihre Andrea Holzer-Rhomberg
Liebe Frau Holzer-Rhomberg,
für meine kleinen Geigerlein ab fünf Jahren ist Ihr Fiedel Max mein klarer Favorit. Wenn Anfänger aber bereits in der vierten Schulklasse sind, nehme ich gerne „Spiel Violine“ vom Dehaske Verlag, die eine gute Mischung bietet von Traditionellem und Poppigem und auch Theorie und Technik gut einbindet, ebenfalls mit Begleit-CD. Für erwachsene Anfänger ist die gute, alte Dofleinschule für mich nach wie vor unschlagbar.
Mit herzlichem Gruß
Uschi Kopp
Liebe Frau Kopp,
vielen Dank für Ihren Beitrag! Ja, die Bedürfnisse der Schüler in den verschiedenen Altersgruppen sind doch sehr unterschiedlich. Da lohnt es sich schon, für jeden ein passendes Lehrwerk zu suchen, das ihn auch anspricht. Die Übe-Motivation ist ungleich größer, wenn das Unterrichtsmaterial und die Spielliteratur adäquat ist! Das ist auch meine Erfahrung!
Beste Grüße,
Andrea Holzer-Rhomberg
Liebe Frau Holzer-Rhomberg,
vielen Dank für die interessanten Gedanken zum Thema Instrumentalschule.
Auch ich bin der Meinung, dass es nicht die eine und für jeden beste Unterrichtsmethode gibt.
Gute Erfahrungen mache ich mit der Kombination folgender drei Methoden/Schulen:
Ich beginne in der Regel mit Schülern im Alter zwischen 4 und 5 Jahren. Da ich ausgebildete Suzuki-Lehrerin bin, verwende ich für die ersten Jahre Band 1 bis 3 der Schule „Schritt für Schritt“ von Kerstin Wartberg, einer methodisch sehr gut aufbereiteten Fassung des Suzuki-Materials. Die Schüler lieben die schönen Stücke und das frühe Erlernen von Werken bedeutender Komponisten (Bach, Schumann, Dvorak, usw.). Zusätzlich liegen den Heften Playalong-CDs bei, die für die meisten Stücke drei Übetempi und außerdem Übeaufnahmen der meisten Vorübungen beinhalten.
Diese CDs helfen und motivieren sehr!
Obwohl ich die Suzuki-Methode für den frühen Beginn im Vorschulalter als ideal betrachte, möchte ich meinen Schülern von Anfang an auch das Notenlesen beibringen (was in der Regel auch bei 4- und 5-Jährigen schon gut funktioniert).
Dafür finde ich Saßmannshaus Bd.1 sehr geeignet, da die Noten sehr groß gedruckt sind, die Stücke in nur winzig kleinen Schritten anspruchsvoller werden, der Aufbau methodisch gut durchdacht ist und die Kinder voller Freude viele bekannte Kinderlieder wiederfinden, die sie von zu Hause oder vom Kindergarten her kennen (Letzteres wird allerdings leider immer seltener).
Der dritte und immer wichtiger werdende Pfeiler unseres Repertoires sind Ihre Fiedelmax-Hefte.
Was ich daran besonders schätze (und auch die Schüler und Eltern):
– die seeehr ansprechenden Stücke, die eigentlich alle Kinder sehr lieben und gerne üben (eingängige Melodien, viele schnelle Stücke bzw. Abschnitte, beeindruckende Saitenwechsel-Passagen, ansprechende Titel und Musikstile wie z.B. Boogie-Woogie, Tunnel-Blues, Tango, …)
– die schönen Haltungs-Spiele am Anfang, immer gleich mit Musik auf CD und zum Mitsingen
– die ersten einfachen Stücke, die mit der CD gleich so cool klingen…
– auflockernde Bildchen, die manche Kinder sehr gerne ausmalen
– das frühe Miteinbeziehen von teilweise schon anspruchsvoller Bogentechnik
– methodisch gut durchdachter Aufbau (für manche Schüler sind die Kapitel für hohen 3. und tiefen 1. Finger etwas knapp, deshalb sind an dieser Stelle einige Suzuki-Stücke und natürlich Ihre Auftritts-Stücke eine gute Ergänzung)
– frühe Einführung von Techniken wie linkes Pizzicato, Flageolett, Staccato, Spiccato, Vibrato
– Auftrittshefte mit sehr ansprechenden Stücken, die für Vorspiele und Auftritte jeder Art sehr geeignet sind
– Band 5 mit den so unterhaltsamen Stücken in der 2. und 4. Lage, die so viel Spaß machen, dass ich ohne Skrupel als Ergänzung auch trockene Pracht-Etüden dazu geben kann
– eine sehr schöne Auswahl aus dem Violinrepertoire in Bd. 5
Frage: Wird es einen Folge-Band geben mit Einführung in die 5., 6. und 7. Lage?
Darüber würden sich viele meiner Schüler bestimmt sehr freuen!
Vielen Dank für die vielen wertvollen Anregungen und Gedanken!
Herzliche Grüße
Simone Burger-Michielsen