Wie gehen Sie mit „Fehlern“ um?
Fehler können einerseits als große Lernchance gesehen werden, andrerseits – in einer Leistungssituatuion – werden sie eher als „Scheitern“ wahrgenommen. In Leistungssituationen wie bei Auftritten oder Wettbewerben geht es eher um Fehlervermeidung. Wie können wir als Musiker und als Musikpädagogen bei den uns anvertrauten Schülern einen „gesunden“ Umgang mit Fehlern fördern?
Schon wieder ein Fehler!
Sei es eine falsche Note, ein ungenau intonierter Ton, ein Aufstrich an der „falschen“ Stelle, … manche Kinder verzeihen sich selbst einfach keinen Fehler. Ein entmutigtes „Ich kann das nicht …“ besiegelt dann noch die Frustration. Glücklicherweise ist dieser negativ besetzte Umgang mit Fehlern bei Kindern im Instrumentalunterricht nicht mehr so weit verbreitet wie früher. Das hängt wohl damit zusammen, dass die heutigen Instrumentalpädagogen sich weniger auf die Strategie der Fehlervermeidung fokussieren, sondern viel mehr die Nutzung des Lernpotentials von Fehlern in den Vordergrund stellen.
Was ist überhaupt ein Fehler?
Ist es ein Fehler, wenn ein Kind an einer Stelle, wo piano notiert ist, frisch fröhlich forte spielt? Ist es falsch, wenn das Kind von dem in den Noten notierten Fingersatz abweicht? Ist es falsch, einen anderen Bogenstrich als den notierten auszuprobieren?
Das führt zu der Frage: Was ist in der Musik eigentlich richtig und falsch? Kann man hier überhaupt von richtig oder falsch sprechen? Geht es hier nicht eher darum, verschiedene Ausdrucksmöglichkeiten auszuprobieren? Verschiedene Spielvarianten auszuloten? Neues zu entdecken? Altes zu hinterfragen, zu überdenken?
Sicher gilt es, sich an den Notentext des Komponisten zu halten, wenn man dessen Komposition zur Aufführung bringt, das ist keine Frage. Aber um ein Musikstück zu verstehen und zu interpretieren bedarf es viel mehr, als einer fehlerfreien Wiedergabe des Notentextes.
Fehlervermeidung
Es ist sehr wohl sinnvoll, beim Einüben von Bewegungsabläufen am Instrument auf eine korrekte Ausführung zu achten. Das Einschleichen von „ungünstigen“ Spielbewegungen, die einer Weiterentwicklung hinderlich wären, ist selbsverständlich zu vermeiden. In diesem Fall ist es sinnvoll, dem Kind auch das Wissen über das Warum plausibel zu vermitteln.
Lernpotential von Fehlern
Beim Einstudieren eines Musikstückes gibt es meist einige Passagen, die für das Kind nicht so leicht zu bewältigen sind, die „fehleranfällig“ sind. Hier geht es darum, den Kindern erst einmal klar zu machen, dass „noch kein Meister vom Himmel gefallen“ ist. Ein genaueres Hinschauen auf eine „Fehler-Stelle“ bringt meist die Erkenntnis, worin die „Schwierigkeit“ liegt. Jetzt gilt es, mit dem Kind gemeinsam kreative Übemethoden für diese Stelle zu entwickeln. Auf diese Weise wird der emotionale Druck und die Angst vor Fehlern aus dem Arbeitsprozess herausgenommen. Dadurch wird das Potential für die Kreativität freigesetzt. Es macht den Kindern sogar Spaß, eine Übemethode für eine schwierige Stelle selber zu entwickeln!
Grundeinstellung beim Üben
Durch diesen „fehlerfreundlichen“ Umgang im Unterricht wird der Grundstein für ein selbstbestimmtes und kreatives Üben zu Hause gelegt. Das Ziel auf lange Sicht ist, dass die jungen Menschen einen Fehler nicht mehr als „Scheitern“ empfinden, sondern als Lernmöglichkeit sehen. Ein junger Mensch, der die Grundeinstellung entwickelt: „Fehler sind ein Teil des Lernprozesses“ und: „Für jede Fehlersituation gibt es eine Lösung“, wird auch in seinem Leben abseits der Musikschule gut zurechtkommen!
Wie denken Sie darüber? Über einen Kommentar von Ihnen würde ich mich sehr freuen!
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